Erpressung heißt jetzt Geldpolitik

Pressemitteilung von Fabio De Masi

01.04.2015
Fabio De Masi
Logo der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main
Logo der EZB in Frankfurt am Main

"Die EZB schwingt den Baseballschläger in der Gang der Institutionen. Die EZB hat den griechischen Banken untersagt, Anleihen mit kurzer Laufzeit (T-Bills) zu kaufen, um die griechische Regierung zu erpressen. Das Ziel ist offensichtlich: Syriza soll zum Griff in die Sozialkassen gezwungen werden, um die Regierung so zu diskreditieren. Denn die griechischen Sozialversicherer sind die einzig verbliebenen potentiellen Käufer für die T-Bills. Das ist keine Geldpolitik sondern eine Lex Syriza", erklärt der Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE) anlässlich des heutigen Treffens des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB).

Das Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung weiter:"Private Investoren kaufen keine griechischen Anleihen mehr, solange eine Umschuldung nicht vollzogen und Griechenland nicht wieder auf Wachstumskurs ist. Beides verhindern die Institutionen unter der Führung von Finanzminister Wolfgang Schäuble mit ihren wachstumsfeindlichen Auflagen, welche die humanitäre Katastrophe verschlimmern. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe und niederländische Finanzminister, Jeroen Dijsselbloem, spekuliert gar öffentlich über die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands, um die Kapitalflucht noch weiter anzuheizen.

Die Erpressung der EZB folgt einem Drehbuch: Zunächst wurden die griechischen Banken gezwungen, sich zu höheren Zinsen über die Emergency Liquidity Assistance (ELA) zu refinanzieren, weil die EZB keine griechischen Papiere mehr als notenbankfähige Sicherheiten akzeptiert. Dabei kann die EZB wegen ihrer Notenbankgewinne frei bilanzieren und hat auf dem Höhepunkt der Krise jeden Schrott von Banken als Sicherheit akzeptiert. Sie hat auch nie derartige Maßnahmen gegen die konservativ-sozialdemokratische griechische Regierung vollzogen, die Kredit auf Kredit türmte und die Steuerflucht begünstigte.

Die neue griechische Regierung wurde so zu einer Vereinbarung mit den Institutionen genötigt, um zu verhindern, dass ihre griechischen Banken vom Euro ausgesperrt werden. Nun soll der griechischen Regierung jeglicher Zugang zu Liquidität versperrt werden. Das ist keine Geldpolitik, sondern ein offener Verstoß gegen die Rechtsauffassung des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), wonach die EZB nicht in die allgemeine Wirtschaftspolitik eingreifen darf.

Die neue griechische Regierung will vom Tropf der Institutionen weg. Syriza will Zukunftsinvestitionen, eine Stärkung der Binnennachfrage, sowie einen effizienten Steuervollzug statt Privatisierung zu Ramschpreisen und wachstumsfeindliche Lohn- und Rentenkürzungen. Aber Griechenlands vermeintliche Partner wollen die Eurozone zu einer Sonderwirtschaftszone unter deutscher Führung machen. Die Troika-Politik ist zu Recht abgewählt worden und die Institutionen zwingen die griechische Regierung zu einem Referendum. Herr Schäuble und Herr Draghi sollten sich genau überlegen, ob sie wirklich Griechenland mit Notstandsgesetzen regieren möchten."

Der deutsch-italienische Wirtschaftspolitiker abschließend: "Ein unkontrollierter Grexit wird kein Graccident, kein Unfall der Geschichte sein, sondern von einigen Akteuren billigend in Kauf genommen. Ein unkontrollierter Grexit birgt enorme Sprengkraft für den Rest der Eurozone. Aber diese Risiken werden in Frankfurt, Berlin und Brüssel offensichtlich nicht verstanden."