Digitalkonzerne zur Kasse bitten
Eine Analyse der OECD-Reformvorschläge und deren Wirkung auf die Besteuerung von Google und Co (Teil 2)
Kurzstudie im Auftrag des Arbeitskreises III Wirtschaft und Finanzen der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Über den Autor der Studie
Christoph Trautvetter ist selbständiger Politikberater und Geschäftsführer beim Netzwerk Steuergerechtigkeit. Er ist Autor mehrerer Studien und Unternehmensanalysen mit dem Fokus Steuervermeidung. Vor seiner derzeitigen Tätigkeit hat er als forensischer Sonderprüfer bei KPMG, als Berater beim Haushaltskontrollausschuss im Europaparlament und als Fellow bei Teach First gearbeitet.
Vorwort von Fabio De Masi
Konzerne verschieben Gewinne wie Amazon Pakete über Ländergrenzen, um Steuern zu vermeiden. Digitalen Konzernen, die Geschäfte mit unseren Daten machen, und nicht Waren in Fabriken herstellen, fällt dies besonders leicht. Finanzminister Olaf Scholz verspricht Abhilfe durch die unter dem Rahmen der OECD verhandelte globale Mindeststeuer und die Umverteilung von Besteuerungsrechten. Aber hält die Reform, was sie verspricht?
Daran gibt es erhebliche Zweifel. Denn nicht nur liegt der Mindeststeuersatz von 15 Prozent auf dem Niveau von Steueroasen wie Irland, Singapur oder der Schweiz. Ein Großteil der Besteuerungsrechte, und vor allem das Recht auf Erhebung der Mindeststeuer stehen dem Land zu, wo die Konzerne ihren Sitz haben und nicht, wo die Gewinne eigentlich erwirtschaftet werden. Bei Digitalkonzernen sind dies zumeist die Vereinigten Staaten.
Es ist daher wenig überraschend, dass Facebook und Co sich beeilten, Beifall zur Mindeststeuer zu klatschen. Sie tut den Tech Konzernen kaum weh. Die Mindeststeuer könnte im Wettlauf nach unten gar zur neuen Maximum-Steuer der Industriestaaten werden.
Ziel der vorliegenden Studie ist es, die aktuellen Steuerreform-Vorschläge des Industrieländerclubs OECD greifbarer zu machen und die finanziellen Konsequenzen abzuschätzen. Die OECD stellt zwar ein Modell zur Verfügung mit dem jedes Land die Auswirkung unterschiedlicher Reformszenarien auf die eigenen Steuereinnahmen simulieren kann. Aber diese Zahlen sind geheim. Anhand von vier für ihre aggressive Steuervermeidung bekannten Unternehmen (Apple, Facebook, Google und Microsoft) illustriert die Studie die Schwächen des Reformvorschlags. Seit der US-Steuerreform aus 2017 ist ein großer Teil der in Deutschland erwirtschafteten Gewinne aus den Steueroasen weiter in die USA gewandert, wird dort aber noch immer nicht ausreichend besteuert. Die Mindeststeuer würde zu allererst in den USA und nicht in Deutschland fällig und die Neuverteilung der Besteuerungsrechte bleibt weit hinter den Erwartungen zurück.
Deswegen reichen die Vorschläge nicht, für eine angemessene Besteuerung internationaler Konzerne in Deutschland zu sorgen. Anstatt uns mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner auf internationaler Ebene zufrieden zu geben, brauchen wir deswegen europäische und nationale Maßnahmen, um hier erwirtschaftete und zu gering besteuerte Gewinne durch Straf- oder Quellensteuern abzuschöpfen und so einen besseren internationalen Kompromiss zu ermöglichen!
O-Ton Fabio De Masi
"Der Mindeststeuersatz von 15 Prozent ist ein Niedrigsteuersatz. Ein Großteil der Besteuerungsrechte stehen dem Land zu, wo die Konzerne ihren Sitz haben und nicht, wo die Gewinne erwirtschaftet werden. Bei den riesigen Digitalkonzernen hält also vor allem die USA die Hand auf!
Es ist nicht überraschend, dass Facebook und Co. Beifall zu Scholz Mindeststeuer-Kompromiss klatschten. Die Mindeststeuer könnte sogar zur neuen Maximum-Steuer der Industriestaaten werden. Scholz hat keinen Druck gemacht, sondern wollte einen Kompromiss, der keinem weh tut, aber seinem Wahlkampf dient! Wir brauchen europäische und nationale Maßnahmen wie Straf- oder Quellensteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen, um einen besseren internationalen Kompromiss zu ermöglichen."
Downloads
- Studie "Digitalkonzerne zur Kasse bitten" Christoph Trautvetter