Offener Brief von Fabio De Masi, MdEP und Heike Sudmann, MdHB

31.10.2014
Heike Sudmann, Fabio De Masi

Fabio De Masi und Heike Sudmann haben einen offenen Brief an den Senator Horsch geschrieben, um gegen die Einstellung von Autoreisezügen und Nachtzügen ab Hamburg zu protestieren. Im Folgenden ist der offene Brief dokumentiert:

Sehr geehrter Herr Senator Horch!

Unter Bezugnahme auf Drucksache 20/13264 können wir uns keinesfalls mit der Antwort des Senats zufrieden geben. Zu negativ sind die Auswirkungen auf Hamburg.

Unter Umweltgesichtspunkten bedeuten die Entscheidungen der Deutschen Bahn eine Verlagerung von Verkehr von der Schiene auf die Straße. Das kann mit dem Hinweis auf die unternehmerische Entscheidung nicht vom Tisch gewischt werden.

Wie sich immer wieder zeigt, hat die Politik durchaus Einfluss auf Entscheidungen der Deutschen Bahn. Es kann nicht akzeptiert werden, dass von der Bundesrepublik formulierte Ziele des Klimaschutzes durch ein bundeseigenes Unternehmen unterlaufen werden.

Die Deutsche Bahn ist immer noch ein privatrechtlich organisiertes Staatsunternehmen. Die Ausrichtung der Unternehmenspolitik auf den Börsengang und privatwirtschaftliche Renditeziele führen jedoch zu Konflikten mit dem Allgemeinwohl und einer auch volkswirtschaftlich unerlässlichen leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur. Zu nennen wäre hier z.B. die Austrocknung des einst rentablen Inter Regios, die Konzentration auf das ICE Segment mit den von der Öffentlichkeit zu Recht beklagten Ausfällen und Verspätungen oder die ausbleibenden Investitionen in die S-Bahn, die in Städten wie Berlin regelmäßig zum Verkehrsinfarkt führen.

Diese Unternehmensphilosophie bzw. die Entscheidung zur Einstellung der Autoreise- und Nachtzüge ist aus unserer Sicht auch im Hinblick auf die Erfordernisse der europäischen Integration und der Stärkung der transeuropäischen Netze kurzsichtig. Im Transportausschuss des Europaparlaments wird immer wieder betont, dass Europa auch auf dem Schienenwege „zusammenwachsen“ müsse. Die Einstellung grenzüberschreitender Autoreise- und Nachtzüge ist damit unvereinbar.

Selbst die unternehmerische Sichtweise ergibt keine Rechtfertigung dieser Entscheidungen. So sind die Nachtzüge mitnichten unrentabel. Von 2003 bis 2013 ist die Zahl der Passagiere um 4% auf über 1,5 Millionen jährlich gestiegen, hinzu kommen 1,2 Millionen Spät- und FrühpendlerInnen in den mitlaufenden Sitzwagen. Im vergangenen Jahr hat dieses Segment einen Umsatz von über 120 Millionen EURO erwirtschaftet – bei Kosten von 110 Millionen.

Aber auch die vom Hamburger Senat vertretenen Ansprüche nehmen durch die Entscheidungen der Deutschen Bahn Schaden. Wer TouristInnen nach Hamburg lockenwill, wer europaweit relevante Großereignisse veranstalten will, kann nicht gleichzeitig stillschweigend das Streichen internationaler Verkehrsverbindungen akzeptieren.

Wir erwarten, dass sich der Senat im Sinne des Verkehrsstandorts Hamburg sowie der Beschäftigten bei der Konzernführung der Deutschen Bahn für die Rücknahme dieser Entscheidungen einsetzt, ggf. unter Einschaltung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie des Verkehrsministeriums. Wir sind zudem gerne bereit im Europäischen Parlament dafür zu wirken, dass die EU Kommission ihre beihilferechtlichen Standpunkte in Übereinstimmung mit dem Klimaschutz bringt.

Wir freuen uns auf Ihre Stellungnahme – und auf Ihre Unterstützung.

Mit freundlichem Gruß,

Heike Sudmann, MdHB und Fabio De Masi

Der Brief ist unter folgendem URL als PDF herunterladbar: