Griechenland verlässt den Rettungsschirm. So viel hat Deutschland daran verdient

Eine Presseschau mit Fabio De Masi zum Treffen der Eurogruppe

22.06.2018

Watson: Griechenland verlässt den Rettungsschirm. So viel hat Deutschland daran verdient

"Am Donnerstag treffen in Luxemburg die Finanzminister der Euro-Staaten zusammen. Ganz oben auf der Agenda. Griechenlands Abschied vom Euro-Rettungsschirm. "Es ist Zeit, dass Griechenland auf eigenen Füßen steht", sagt EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici. (...)

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi sagt watson.de: 'Der IWF wird sich wohl nicht mit eigenem Geld am dritten Griechenlandprogramm beteiligen. Damit hätte Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble den Bundestag und die Öffentlichkeit vor der Bundestagswahl getäuscht.'  (...) 'Die Zukunft Griechenlands droht erneut auf dem Altar bayerischer Suppenkasper wie Markus Söder geopfert zu werden.''

 

Junge Welt: Expansiv statt restriktiv

"Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, erklärte zum Treffen der Eurogruppe am gestrigen Donnerstag:

Die Zukunft Griechenlands droht erneut auf dem Altar bayerischer Suppenkasper wie Markus Söder geopfert zu werden. Die Bundesregierung will Griechenland mit Liquiditätsreserven aus dem laufenden Programm ausstatten, so dass ein Offenbarungseid bis nach den nächsten Bundestagswahlen ausbleibt. Griechenland bleibt somit Geisel deutscher Wahlkämpfe.

Der IWF schätzt die Schuldentragfähigkeit der griechischen Wirtschaft realistisch ein und wird sich wohl nicht mit eigenem Geld am dritten Griechenlandprogramm beteiligen. Damit hätte Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble den Bundestag und die Öffentlichkeit vor der Bundestagswahl getäuscht. Gleichwohl blockiert die Bundesregierung die Umschuldung über eine Übernahme höher verzinster IWF-Kredite durch den ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus, jW). Griechenland bleibt Schuldenkolonie, um noch Jahrzehnte der Nachprogrammüberwachung und somit der Fernsteuerung aus Brüssel und Berlin zu rechtfertigen. Um die Erholung der griechischen Wirtschaft oder um Wahrhaftigkeit gegenüber den Steuerzahlern geht es dabei nicht.
Die Griechenland-Pakete waren schizophren: Athen wurden weitere Kredite aufgezwungen, aber über die Kürzung von Investitionen, Löhnen und Renten sowie die Privatisierung öffentlichen Vermögens wurde dem Land untersagt, Einkommen zu erzielen. Eine Schuldenerleichterung ist daher weiterhin unvermeidlich und wäre bei Ausbruch der Krise billiger zu haben gewesen. Griechenland muss endlich wieder über seine eigene Zukunft bestimmen und braucht Spielraum für Investitionen."

 

Neues Deutschland: Kein Ende der Austerität

"Ganz raus wird Griechenland nicht aus der Umklammerung seiner Gläubiger sein, wenn am 20. August das dritte Kreditprogramm offiziell endet. Denn die EU-Kommission wird bis 2022 alle drei Monate überprüfen, ob Athen die Vorgaben der Geldgeber erfüllt. Dabei geht es um die Erwirtschaftung eines Primärüberschusses im Haushalt, also ohne Berücksichtigung von Zinszahlungen in Höhe von 3,5 Prozent jährlich. »Griechenland ist also noch nicht befreit vom neoliberalen Austeritätskurs«, kommentiert dies der LINKE-Vorsitzende Bernd Riexinger im »nd«. (...)

In der Nacht zum Freitag einigten sich die Euroländer nun auf eine planmäßige Beendung des Programms im August und trafen Vereinbarungen für die Zeit danach. Die letzte Tranche von 15 Milliarden Euro aus dem noch laufenden dritten Programm soll weitgehend in Reserve gehalten werden. 5,5 Milliarden davon gehen direkt auf ein separates Konto nur für den Schuldendienst, die übrigen 9,5 Milliarden sollen zum Aufbau eines Finanzpolsters dienen. Insgesamt werde Griechenland das Hilfsprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM mit einem Puffer von 24,1 Milliarden Euro verlassen, heißt. Damit sei der Schuldendienst für 22 Monate in jedem Fall gesichert. »Die griechische Krise ist heute Abend vorbei«, sagte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici nach den Verhandlungen. Auch Griechenlands Finanzminister zeigte sich zufrieden, betonte aber: »Die Regierung vergisst nicht und wird niemals vergessen, was das griechische Volk in diesen acht Jahren durchmachen musste.«

Denn im Gegenzug für die Kredite forderten die Gläubiger harte Spar- und Privatisierungsmaßnahmen von Griechenland ein. So wurden etwa die Mindestlöhne und Renten massiv gekürzt. Die Folge war, dass die Wirtschaftsleistung des Landes einbrach und die Arbeitslosigkeit in die Höhe schoss. Immer noch ist mehr als jeder fünfte Grieche ohne Jobs. Unter den Jugendlichen beträgt die Arbeitslosenquote sogar 43,2 Prozent. Griechenland weist damit mit Abstand die höchste Arbeitslosenquote in der EU auf. »Die vermeintliche Griechenland-Rettung hat das Land verwüstet«, sagt der stellvertretende Vorsitzende der LINKE-Bundestagsfraktion, Fabio De Masi.