Lux-Leaks: Deltour-Prozess ist Stresstest für Steuergerechtigkeit

Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi

28.04.2016

Der Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE.), Mitglied des Sonderausschusses zu Steuervorbescheiden (TAXE) des Europäischen Parlaments, erklärt nach der Entlassung aus dem Zeugenstand im Luxemburger Prozess gegen den Whistleblower Antoine Deltour, den Journalisten Edouard Perrin sowie einen weiteren Beklagten:

"Ich habe vor dem Gericht verdeutlicht, dass die Enthüllungen Deltours den Verstoß zahlreicher EU-Mitgliedsstaaten gegen das EU-Recht bzw. die Verpflichtung zum Informationsaustausch bei Steuervorbescheiden offengelegt haben. Der Luxemburger Steuerbeamte Marius Kohl, der einer Einladung des TAXE-Ausschusses nicht folgte und sich auch im aktuellen Prozess krankschreiben ließ, hat in einem Interview mit dem Wall Street Journal Aussagen getätigt, die verdeutlichen, dass Luxemburg bei der Bewilligung von Steuervorbescheiden der Anforderung marktüblicher Preise (Fremdvergleichsgrundsatz) nicht entsprochen hat. Darüber hinaus haben erst die Lux-Leaks die erfolgreiche Durchführung der steuerlichen Beihilfeverfahren ermöglicht, da das Korsett des Wettbewerbsrechtes eine genaue Kenntnis der Transferpreise, wie künstliche Lizenzgebühren von Unternehmen, erfordert. Zudem haben einige Mitgliedsstaaten statt Steuervorbescheiden Interpretationshilfen von Steuersachverhalten veröffentlicht. Auch Vertreter von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben gegenüber dem Ausschuss bestätigt, dass eine Veröffentlichung von Steuervorbescheiden nicht per se das Steuergeheimnis verletzt."

De Masi weiter: "Meine Aussagen befinden sich in Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen des TAXE-Ausschusses sowie gleichlautenden Aussagen der EU-Wettbewerbskommissarin Vestager zur Bedeutung der Lux-Leaks. Leider war es mir nicht möglich, die dramatischen Konsequenzen für Whistleblower zu schildern, die Missstände unmittelbar bei ihrem Arbeitgeber ansprechen. Der Whistleblower Rudolf Elmer wurde etwa von den Schweizer Behörden abgewiesen und seine Familie Psychoterror ausgesetzt, die zum Suizidversuch seiner Tochter führte. Zwei Compliance-Beauftragte der Hamburger Berenberg Bank wurden nach internen Beschwerden entlassen. Der Chef der Luxemburger Finanzaufsicht Claude Marx ist selbst von den Panama Leaks betroffen. Es besteht daher keine unabhängige Einrichtung an die sich Whistleblower wenden könnten und kein ausreichender Schutz von Whistleblowern, wie der TAXE-Ausschuss feststellte und EU-Kommissionspräsident Juncker einräumte."

De Masi abschließend: "Die Linksfraktion wird eine Aussprache im Europäischen Parlament beantragen, um Schlussfolgerungen aus dem unzureichenden Schutz von Whistleblowern zu ziehen. Die finanziellen Interessen der EU müssen gemäß Artikel 325 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU geschützt werden und bieten eine Rechtsgrundlage für Whistleblower-Schutz. Mein niederländischer Fraktionskollege Dennis de Jong bereitet einen entsprechenden Bericht des Europäischen Parlaments vor. Die übereilte Verabschiedung der Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen durch die Mehrheitsfraktionen im Europäischen Parlament senkt den Schutz von Whistleblowern weiter ab. Daher muss die EU-Kommission durch eine spezifische Schutzverordnung endlich Rechtssicherheit für Whistleblower wie Antoine Deltour und Journalisten wie Edouard Perrin herbeiführen."