EU Steuerdumping: Fortführung EP-Sonderausschuss, fauler Kompromiss zum Informationsaustausch und zahnloser Tiger OECD

Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi

05.10.2015

"Wenn TAXE seine Arbeit einstellt, wäre das eine Blamage für das Parlament und eine Ohrfeige für die ehrlichen Steuerzahler. Die EU kann sich angesichts eines gigantischen Investitionsstaus, dem Verstoß gegen Steuergerechtigkeit und den epochalen Herausforderungen der Flüchtlingskrise keine Nachlässigkeit bei der Unternehmensbesteuerung leisten", kommentiert der Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE.) die Debatte um die weitere Arbeit des Sonderausschusses des Europäischen Parlaments zu Steuervorbescheiden und Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (TAXE). Der Schattenberichterstatter der Linksfraktion in TAXE weiter:
 
"Die Widersprüche des amtierenden Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker um den Krecké-Bericht zur Steuerpraxis Luxemburgs sowie die Weigerung von Kommission, Rat und EU-Mitgliedsstaaten, dem Parlament wichtige Dokumente zum Steuerwettbewerb zu übermitteln, zeigen: TAXE hat nicht fertig. Der Vertrauensverlust in die europäischen Institutionen ist wohlbegründet, wenn sich ein Parlament so abfrühstücken lässt. Nicht umsonst betreiben Steuerhaie wie IKEA weiter unbekümmert Lobbying im Parlament, obwohl sie sich einer Anhörung im TAXE verweigern.
 
TAXE hat bislang keine politische Verantwortung benannt. Dabei verdeutlicht die enthüllte Seite des Krecké-Berichts, dass Juncker bereits 1997 aufgefordert wurde, die Rechtsdehnung der Luxemburger Steuerpraxis zu unterbinden. Es ist bislang auch nicht ersichtlich, dass die Kommission und der Rat hinreichende Maßnahmen unterstützen, um EU-weite Steuerhinterziehung und -Vermeidung über 1 Billion Euro jährlich zu unterbinden.
 
Selbst der von der Kommission vorgeschlagene automatische Austausch von Steuerbescheiden wurde von den Mitgliedsstaaten wieder verwässert. So wird der ECOFIN-Rat am morgigen Dienstag die Kommission von den ausgetauschten Dokumenten größtenteils abschneiden und damit weiter im Verborgenen Deals mit den Konzernen abschließen. Die Linksfraktion hatte in Änderungsanträgen eine Veröffentlichung der Vorbescheide gefordert, um skandalösen Deals à la LuxLeaks durch öffentliche Kontrolle vorzubeugen.
 
Auch die vorgestellten Ergebnisse des OECD BEPS Projekts enttäuschen. In Stückwerk werden die gescheiterten Regeln zur Unternehmensbesteuerung verfeinert und teilweise noch komplexer gemacht. Länderspezifische Berichterstattung (country by country reporting) findet nur für die Steuerbehörden der Industrieländer statt. Dabei haben diese das massive Steuerdumping seit jeher toleriert. 80% aller Multis sind zudem gar nicht betroffen und Entwicklungsländer vom Informationsempfang ausgeschlossen. Auch die gefährlichen Patentboxen werden nicht ausreichend angegangen. So bleiben viele Tricksereien weiterhin möglich."
 
De Masi abschließend: "Die Linksfraktion fordert, den TAXE-Bericht als Zwischenbericht auszuweisen, da wir aufgrund des beschränkten Dokumentenzugangs unsere Arbeit nicht erledigen konnten. Wir fordern die Aufwertung des Sonderausschuss zu einem echten Untersuchungsausschuss, mindestens jedoch eine Verlängerung des derzeitigen Mandats. Um die verbleibenden Widersprüche bei den Aussagen Junckers zum Krecké-Bericht sowie zu seiner Beziehung zu Unternehmensberatungen wie PWC vollständig aufzuklären, haben wir eine Anhörung des ehemaligen Luxemburger Wirtschaftsministers Jeannot Krecké, der investigativen Journalistin Véronique Poujol sowie eine erneute Anhörung Junckers beantragt."