„Grüner Minister wollte Anne Brorhilker zu faulen Deals drängen“

Interview Freitag

25.04.2024

Der Verlust von Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker sei eine Katastrophe für den Staat, sagt BSW-Politiker Fabio De Masi. Ein Gespräch über Cum-Ex, Wirecard, Olaf Scholz und politische Einflussnahme auf die Justiz bei Wirtschaftskriminalität

Deutschlands im Kampf gegen Finanzkriminalität schlagkräftigste Oberstaatsanwältin schmeißt hin – Anne Brorhilker bittet in Nordrhein-Westfalen um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und wird neue Geschäftsführerin der Denkfabrik Bürgerbewegung Finanzwende. Die hat auch Fabio De Masi unterstützt, als „Fellow – inzwischen hat sich der Finanzexperte und frühere Linken-Bundestagsabgeordnete dem Bündnis Sahra Wagenknecht angeschlossen und bildet mit Thomas Geisel dessen Spitzenkandiaten-Duo für die Europawahl.

Im Januar 2025 wird De Masis Buch Geld, Macht, Verbrechen. Wie wir die Demokratie vor Finanzkriminellen und dem großen Geld schützen erscheinen. Darin greift er auf seine jahrelange Erfahrung als „Finanzdetektiv“ in- und außerhalb des Parlaments zurück. De Masi brachte im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags die entsprechende Aufklärung maßgeblich voran und gilt als einer der besten Kenner von Betrugsmethoden wie Cum-Ex, bei denen sich Täter eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer zwei-, drei- und vielfach vom Staat zurückerstatten ließen und die öffentliche Hand damit um Milliarden prellten.

der Freitag: Herr De Masi, ist es eine schlechte oder eine gute Nachricht, dass Anne Brorhilker als Oberstaatsanwältin aufhören wird – sie verstärkt ja die „Bürgerbewegung Finanzwende“ und stärkt die Gegenlobby zur Einflussnahme zur Finanzwirtschaft?

Anne Brorhilker: Für meine früheren Kolleginnen und Kollegen von Finanzwende ist das ein echter Coup auf dem „Transfermarkt“. Aber für den Rechtsstaat ist es eine Katastrophe. Frau Brorhilker war Deutschlands wichtigste Cum-Ex Ermittlerin. Ihre Arbeit wurde von der Politik zuweilen sabotiert. Der grüne Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Benjamin Limbach, wollte sie zu faulen Deals mit der organisierten Finanzkriminalität drängen. Auch ihr Anliegen, Ermittlungen zum Einfluss des Bundeskanzlers auf das Steuerverfahren der Warburg Bank zu führen, wurden behindert. Dies wurde mit der gehobenen Stellung des Bundeskanzlers begründet, die einer langwierigen Auswertung – etwa von beschlagnahmter Kommunikation von Scholz und Co. – entgegengestanden hätte. Das verstößt gegen ein eisernes Prinzip: Ein Straßenfeger, ein Bankster oder ein Bundeskanzler müssen gleich vor dem Gesetz sein!

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