Wer steckt hinter dem Geheimdienstnetzwerk um Jan Marsalek?
Kolumne Berliner Zeitung
Der Artikel erschien in der Berliner Zeitung
Seit Jahren tobt ein Informationskrieg von Geheimdiensten rund um den Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek. Die Geschichten offenbaren viele Widersprüche, meint unser Kolumnist.
Seit bald vier Jahren täuscht Deutschland vor, man jage nach dem flüchtigen Wirecard-Manager Jan Marsalek. Der Mann, der sich mit Geheimdiensten aus Ost und West umgab, ähnelt zunehmend Mister X im beliebten Brettspiel „Scotland Yard“. Er ist ein Phantom, das nirgendwo und überall gleichzeitig ist.
Ich habe in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass der Skandal um die Pleite des Zahlungsdienstleisters Wirecard auch ein Geheimdienstskandal ist. Wirecard wickelte Zahlungen aus dem Schattenreich der Finanzwelt ab. Der Konzern war daher auf dem Schachbrett der Geoökonomie auch für Nachrichtendienste relevant, die – siehe Sanktionen und Wirtschaftskrieg – um die Kontrolle über die Finanz- und Datenautobahn des 21. Jahrhunderts ringen. Dies habe ich in unzähligen Recherchen, Kolumnen und Interviews dargelegt.
Die vielen günstigen „Zufälle“ bei der Flucht Marsaleks
Ein kurzer Blick zurück: Am 16. Juni 2020 erfuhr die Münchner Staatsanwaltschaft, dass Bankbelege über 1,9 Milliarden Euro Guthaben Wirecards, die angeblich auf einem Treuhandkonto auf den Philippinen lagern sollten, gefälscht waren. Im gesamten philippinischen Bankensystem gab es nie so viel Euro-Fremdwährung. Asien-Vorstand von Wirecard war der Chief Operating Officer Jan Marsalek, bei dem wenige Wochen zuvor bereits eine Razzia stattgefunden hatte, für die, laut Aussage der Münchner Staatsanwaltschaft, jedoch zu wenig Polizeikräfte zur Verfügung standen.
Die Staatsanwaltschaft stellte jedoch keinen Haftbefehl gegen Marsalek aus, obwohl unmittelbare Flucht- und Verdunkelungsgefahr bestand, sondern ließ ihn am 19. Juni 2020 in Begleitung mindestens eines österreichischen Verfassungsschützers seelenruhig aus Deutschland herausspazieren. Sein Anwalt, der kürzlich dem Landgericht München einen angeblichen Brief von Jan Marsalek übermittelte, versicherte, Marsalek wolle das Geld nur auf den Philippinen „suchen“. Die Ermittlungen gegen den Fluchthelfer von Herrn Marsalek vom Verfassungsschutz wurden später eingestellt, da dieser ja nur „Reisehelfer“ gewesen sei. Schließlich habe zum Zeitpunkt der Flucht kein Haftbefehl gegen Marsalek vorgelegen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Wie es der günstige Zufall wollte, verpassten die Polizisten am österreichischen Kleinflughafen Bad Vöslau den mutmaßlichen Passagier Jan Marsalek bei der Passkontrolle und zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Bis heute kennen wir daher nur eine von Journalisten geprüfte Aussage der Piloten der Cessna, die bezeugen, Marsalek nach Belarus geflogen zu haben. Von dort sei er von einem Bus abgeholt und Richtung russische Grenze gefahren worden.
Ist Marsalek in Russland?
Keine Frage. Marsalek unterhielt beste Kontakte nach Russland und prahlte sogar (für einen russischen Spion recht ungewöhnlich) mit seinen Russland-Kontakten. Er unterhielt jedoch ebenso beste Kontakte zu westlichen Geheimdiensten, etwa zum früheren CIA-Beamten und Trump-Anhänger Gary Berntsen. Die westlichen Behörden müssen von seinen Prahlereien mit Russland etwas mitbekommen haben. Und Marsalek konnte trotz äußerst fragwürdiger Aktivitäten (etwa der sogenannten Nowitschok-Affäre) und seiner exponierten Rolle als DAX-Vorstand ständig um die halbe Welt reisen und politische Kontakte in höchste Kreise pflegen. In München veranstaltete er unter anderem private sicherheitspolitische Foren mit dem früheren französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy sowie dem früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und ranghohen Militärs.
Es ist daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt Spekulation, ob Marsalek ein russischer Spion war, eine Art Doppelagent, der unter den Augen westlicher Geheimdienste mit Informationen und Russland handelte, und ob er sogar bewusst mit seinen Russlandverbindungen prahlte, um Personen anzuziehen, die etwa nachrichtendienstliche und geschäftliche Verbindungen nach Russland pflegten. Auch wenn derzeit viele Indizien für eine Russland-Verbindung sprechen, erklärt dies nicht, warum unsere Sicherheitsbehörden lügen, bis sich die Balken biegen, und es erklärt auch nicht die vielen Widersprüche in den jüngeren Enthüllungen über Jan Marsalek.
Marsalek hat auch einmal in seiner Kommunikation einen kompletten Kundendatensatz von Wirecard angeblich für den Bundesnachrichtendienst (BND) angefordert.Collage: Roshanak Amini/Berliner Zeitung Footo: dpa
Widersprüche in der Medienberichterstattung
Hier ein paar Beispiele für die vielen Fragezeichen, die sich für mich aus den Medienveröffentlichungen der vergangenen Jahre in der Causa Marsalek ergeben:
Einmal will man wissen, welche Restaurants er in Russlands Hauptstadt frequentiert. Das von Michail Chodorkowski (einst reichster Oligarch Russlands, der bei Putin in Ungnade fiel) finanzierte Recherchenetzwerk Dossier Center und die Süddeutsche Zeitung veröffentlichen eine Geschichte, bei der Informanten aus den russischen Geheimdiensten den Aufenthalt Marsaleks in Moskau bestätigt haben sollen. Sie spielen auch von Marsalek angeblich genutzte Pässe zu, doch ein Pass ist gefälscht. Warum bieten russische Geheimdienstleute aber gefälschte Beweise an, wenn sich Marsalek bei ihnen aufhält?
Auch ich wurde vor der Veröffentlichung aus journalistischen Kreisen immer wieder gebeten, Marsaleks Passnummern zu besorgen. Die Veröffentlichungen weisen zudem gewisse Widersprüche auf: In einer publizierten Version hat Marsalek den Führerschein in Moskau gemacht, in der anderen Story lässt er sich durch Moskau chauffieren. Doch obwohl sich Marsalek in der High Society Moskaus bewege und angeblich regelmäßig ein Fischrestaurant besuche, existiert keine einzige scharfe Aufnahme von ihm.
Die Veröffentlichungen beinhalteten das unscharfe Bild eines Mannes in einer roten Jacke, das Jan Marsalek zeigen soll. Es heißt, deutsche Sicherheitskreise hätten mit Hilfe von modernster Technologie bestätigt, dass das Bild authentisch sei. Doch auch zu dieser behaupteten Bewertung der Behörden treffen renommierte deutsche Journalisten in Gesprächen mit mir völlig unterschiedliche Aussagen. Warum?
Und warum nahm der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) ein angebliches Gesprächsangebot von Marsalek, das über ein damaliges Vorstandsmitglied der Deutschen Schule in Moskau übermittelt worden sein soll, nicht an? Der Mann, der in der Berichterstattung der Zeitung Die Welt dabei als Zuträger identifiziert wurde und dem in der Berichterstattung Kontakte zum russischen FSB nachgesagt werden, heißt Stephan Fittkau. Er war groß im Gasgeschäft, soll geschäftliche Beziehungen zum früheren FPÖ-Politiker Johann Gudenus unterhalten und betreibt eine Lobbyfirma in Österreich. Die Deutsche Schule in Moskau trägt das Logo der deutschen Botschaft in Moskau und ist somit eine offizielle Einrichtung. Fittkau bestreitet die Vorwürfe. Warum aber wurde der Mann (nach allem, was bekannt ist) nie verhört, wenn er wirklich in der Lage ist, ein Gespräch mit Marsalek zu vermitteln?
Marsalek war in Großbritannien kein Unbekannter
Ein anderes Mal soll Marsalek laut einem in Großbritannien anhängigen Gerichtsverfahren gar einen russischen Spionagering von mutmaßlichen Bulgaren im Vereinigten Königreich koordiniert haben, der eine Nato-Basis in Deutschland ausforschte und Anschläge auf Oppositionelle verüben wollte. Die Firma, die Marsalek zu dieser „verdeckten Operation“ in Großbritannien genutzt haben soll, wurde noch nach seiner Flucht, als er zu den Topgesuchten von Interpol gehörte, unter dem Namen Dr. Jan Marsalek mit einem tschechischen Pass angemeldet. Etwas auffällig für eine verdeckte Spionageoperation. Da kann man auch gleich nackt und in eine russische Flagge gehüllt bei Tageslicht auf den Big Ben klettern.
Offenbar stützt man sich in Großbritannien auf intensive Kommunikation Marsaleks mit einem der Bulgaren, die nach der Flucht Marsaleks erfolgt sei. Ob Russland aber Marsaleks Identität in der Kommunikation mit dem mutmaßlichen Spion als Tarnidentität nur vorgetäuscht hat oder Marsalek wirklich derart umtriebig war, lässt sich derzeit nicht abschließend bewerten.
Denn Marsalek war ja in Großbritannien kein Unbekannter. Nicht nur war die britische Financial Times (FT) eine der wenigen großen Tageszeitungen, die frühzeitig kritisch über Wirecard berichteten. Auch die Shortseller (Leerverkäufer), die auf fallende Kurse des Wirecard-Konzerns Wetten abschlossen und frühzeitig vor den Machenschaften des deutschen Zahlungsdienstleisters Wirecard warnten, stammten aus Großbritannien.
Marsalek und die Skripal-Story
Zudem berichtete die britische Financial Times erst im Jahre 2020 darüber, dass sie bereits 2018 davon erfahren habe, dass Marsalek im Jahr des Anschlags auf den früheren russischen Agenten Sergei Skripal, der zu den Briten überlief, mit klassifizierten Dokumenten in der City of London herumgewedelt habe. Dabei handelte es sich um die Formel des Kampfstoffes Nowitschok sowie um die russische Stellungnahme zu dem Anschlag. Seither wird darüber spekuliert, ob Marsalek diese Aufmerksamkeit auf sich zog, um die russische Version zu unterstützen, wonach es ja viele Menschen gebe, die im Besitz der Formel seien und Russland mit dem Anschlag nichts zu tun habe.
Marsalek soll der FT die Vorwürfe ganz entspannt am Münchner Flughafen bestätigt haben. Er soll auch mit seinen Geheimdienstkontakten geprahlt haben. Womöglich zeigte er der FT die Dokumente sogar dort, denn die Zeitung verfügte über eine Aufnahme der Dokumente, die mit einem authentischen Barcode versehen waren, wie es für solche streng geheimen UN-Dokumente üblich ist.
Nach diesen Vorfällen soll der frühere deutsche Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer (CDU), der unter Helmut Kohl die Geheimdienste als Kanzleramtsminister koordinierte, Jan Marsalek gar in dessen Villa in der Münchner Prinzregentenstraße aufgesucht und mit ihm angeregt über die Reform von Sicherheitsbehörden diskutiert haben. Ein interessantes Interessengebiet für einen Dax-Manager. Zumal wenn dieser gerade mutmaßlich Alarmstufe Rot bei den britischen Behörden ausgelöst hat. Doch angeblich haben die deutschen Sicherheitsbehörden von alldem nichts mitbekommen und wussten nach der öffentlich bekannten Darstellung im Wirecard-Untersuchungsausschuss bis zur Insolvenz von Wirecard noch nicht einmal, wer Jan Marsalek war.
Das Wall Street Journal schreibt hingegen, man habe in den deutschen Sicherheitsbehörden bei der Nutzung von Kreditkarten von Wirecard für verdeckte Operationen, die seit 2020 bekannt war, eng mit Marsalek, dem Chief Operating Officer des einstigen Dax-Konzerns zusammengearbeitet.
Marsalek hat auch einmal in seiner Kommunikation einen kompletten Kundendatensatz von Wirecard angeblich für den Bundesnachrichtendienst (BND) angefordert. Doch nach Darstellung des Wall Street Journals habe Marsalek womöglich Erkenntnisse über die Aktivitäten deutscher Sicherheitsbehörden an die Russen geliefert. Warum werden die Vertreter der Sicherheitsbehörden dann nicht in den Bundestag einbestellt, um aufzuklären, ob sie möglicherweise den Untersuchungsausschuss belogen haben?
Es stellen sich weitere Fragen: Erstens, wenn sich die Nowitschok-Episode mit Herrn Marsalek so zugetragen hat, warum ist dieser dann solche Risiken eingegangen? Zweitens, warum hat die Financial Times erst zwei Jahre später nach der Flucht Marsaleks hierüber berichtet? Drittens, waren die britischen sowie die deutschen Sicherheitsbehörden informiert? Und wenn nicht, warum war der deutsche „Geheimdienst-Opa“ Schmidtbauer im Bilde? Viertens, warum nahm Marsalek einen solchen Reputationsschaden für sich in Kauf, wenn es keine schützenden Hände gab? Woher war er denn sicher, dass die Financial Times zwei Jahre über den Vorfall nicht berichten würde? Und fünftens, warum gab es einen Fehler in der Timeline der Financial Times?
Sie hatte zunächst berichtet, dass Marsalek im Sommer 2018 mit den Unterlagen geprahlt habe. Ursprünglich wurde vermutet, dass ein früherer österreichischer Diplomat und hochrangiger Beamter des Außenministeriums, Johannes P., die Dokumente abgerufen habe, diese seien sodann über den österreichischen Verfassungsschützer Egisto O. bei Marsalek gelandet. Doch P. soll diese erst im Oktober 2018 und nicht bereits im Sommer abgerufen haben.
Darauf hatte ich die Financial Times aufmerksam gemacht und sie korrigierte diese Angabe in der Berichterstattung. Dies ist ungewöhnlich, da die FT eigentlich für ihre rigorosen Faktenchecks bekannt ist. Die Ermittlungen gegen den früheren Diplomaten wurden jedoch mittlerweile eingestellt. Stimmte die ursprüngliche Angabe also doch oder wurden die Ermittlungen eingestellt, obwohl die Vorwürfe gegen den Diplomaten zutreffend waren?
Marsalek jetzt in Dubai?
Aktuell soll Marsalek, der Mann ohne Führerschein, laut Wall Street Journal nun in Dubai residieren und von dort die russische Wagner-Miliz in Afrika aufbauen, obwohl auch das Journal selbst Zweifel äußert, ob Russland hierbei nicht über eigene, fähigere Leute verfüge. Keine Frage: Enge Wegbegleiter Marsaleks wie der frühere österreichische Verfassungsschützer Martin Weiss residieren mittlerweile in Dubai. Es gibt auch Hinweise, dass aus Marsaleks Umfeld Gelder nach Dubai verlagert wurden.
Früher hieß es, dass die Emirate Straftäter nicht auslieferten. Doch die Vereinigten Arabischen Emirate lieferten erst kürzlich den Paten der kriminellen Cum-Ex-Aktiengeschäfte, den britischen Geschäftsmann Sanjay Shah, an das kleine Königreich Dänemark aus. Da sollte es doch für Deutschland kein Problem sein, diplomatisches Kapital zu investieren, um eine Auslieferung von Herrn Marsalek zu erreichen, wenn sich dieser tatsächlich in Dubai befindet. Interessant ist jedoch auch, dass nun über eine kürzliche Verlagerung des Aufenthaltsortes von Jan Marsalek von Russland nach Dubai spekuliert wird, obwohl mir derartige Gerüchte bereits 2021 zugetragen wurden und ich diese im Kurznachrichtendienst X (zuvor Twitter) öffentlich machte.
Wilde Verschwörungsgeschichten
Noch wilder wurde es aber in der Weihnachtszeit. Die italienische Tageszeitung La Repubblica spekulierte ausgerechnet unter Berufung auf ein älteres Zitat von mir darüber, dass es eine Verbindung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz zu Marsalek gebe. Die Zeitung verwies nebenbei darauf, dass Scholz im Unterschied zu Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beim Thema Waffenlieferungen an die Ukraine als zu zögerlich wahrgenommen werde und Pistorius in den Umfragen weit beliebter sei als Scholz. Die Bild-Zeitung und andere Medien griffen die Geschichte auf.
Der Haken an der Sache: Selbst ich, der wie kein Zweiter Olaf Scholz und die Bundesregierung für ihre Verstrickungen in der Wirecard-Affäre kritisiert hat, habe niemals eine direkte Verbindung von Scholz zu Marsalek behauptet. Auch hat La Repubblica nie mit mir vor der Veröffentlichung des Artikels gesprochen. Nachdem ich dies öffentlich machte, hat La Repubblica gegenüber der Berliner Zeitung erläutert, dass sie sich auf andere Quellen im Bundestag stütze. Die Bild-Zeitung suggeriert dabei in einem namentlich nicht gekennzeichneten Artikel, dass es sich wohl um Quellen aus der SPD handele. Ich war also offenbar mit meinem Zitat in der La Repubblica nur das Feigenblatt für die Intrigen in der SPD.
Aber noch etwas ist bemerkenswert: Auch nach meiner Zeit im Deutschen Bundestag habe ich in minutiöser und nicht ungefährlicher Arbeit ehrenamtlich tatsächliche Verstrickungen und Sicherheitsrisiken für die Bundesrepublik in der Causa Marsalek ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. So deckte ich etwa auf, dass der frühere Eigentümer der Firma, die unter anderem die Kommunikation von Olaf Scholz verschlüsselte, sein Geld mit einem Kreml-Oligarchen gemacht hatte und Verbindungen zu Marsalek und dessen Fluchthelfern unterhielt.
Ich hatte Olaf Scholz sowie Angela Merkel persönlich im Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages davor gewarnt. Diese Erkenntnisse hatte ich gewonnen, da der Name des Investors in einem österreichischen Vernehmungsprotokoll des Ex-Agenten Martin Weiss aufgetaucht war.
Marsaleks Escort-Service, darunter ein mutmaßlicher russischer Spion vom österreichischen Verfassungsschutz, hatte sich nämlich mit dem ehemaligen deutschen Geheimdienstkoordinator auch über mich ausgetauscht. Daher wurde mir das Protokoll aus Österreich zugespielt.
Marsalek und die Bundeswehr
In einer weiteren Recherche konnte ich belegen, dass Geschäftspartner von Jan Marsalek, die mit diesem etwa in Russland Geschäfte anbahnten, noch kürzlich unter dubiosen Umständen einen Auftrag der Bundeswehr für die IT-gestützte Simulation von Krisenszenarien erhielten.
Aufträge der österreichischen Nachrichtendienste an exakt denselben Personenkreis hatten zu umfangreicher Berichterstattung in Deutschland sowie kritischen Statements führender Sicherheitspolitiker aus den Reihen der Ampelkoalition geführt. Doch zum Bundeswehr-Auftrag schwiegen unsere mutigen Sicherheitspolitiker.
Die Erkenntnisse über den Cybersecurity-Dienstleister von Olaf Scholz sowie über den Bundeswehrauftrag an die Marsalek-Connection interessierten außer dem investigativen Journalisten Thomas Steinmann (Capital) kaum jemanden in Deutschland. Wenn nun dieselben Medien, die sich für minutiös recherchierte Fakten rund um das Marsalek-Netzwerk in Deutschland nie interessierten, und Journalisten, die sich zuweilen sogar hinter vorgehaltener Hand darüber lustig machten, nun wilde Verschwörungsstories über eine direkte Verbindung zwischen Jan Marsalek und Olaf Scholz verbreiten, weil es gerade in die außenpolitischen Interessenlagen einiger Leute passt, ist Vorsicht geboten.
Ich halte es so lange mit der alten Weisheit: Wir wissen derzeit nur, dass wir nichts wissen! Verwirrung und das Spiel mit den Medien ist das tägliche Brot von Geheimdiensten. Ich erlaube mir ein abschließendes Urteil über Jan Marsalek daher nur, wenn er endlich vor mir sitzt. Mein Angebot an ihn steht. Wenn er nicht will, dass Geheimdienste aus Ost und West für ihn sprechen und über sein Schicksal entscheiden, bin ich gerne bereit, ihn aufzusuchen. Ob in Moskau, Dubai, in der Steiermark oder in den Weiten Afrikas.
Hinweis: Fabio De Masi bewirbt sich um die Spitzenkandidatur des Bündnisses Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) zur Europawahl.