De Masi über EU Korruption: Der Kompass ist im Eimer

SZ Podcast

12.12.2022

Katar soll Abgeordnete des Europaparlaments bestochen haben. Ein Gespräch mit dem Ex-Linken-Politiker Fabio De Masi über Korruption und Lobbyismus.

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Das Entsetzen im EU-Parlament ist groß: Freitag wurden in Brüssel 16 Häuser durchsucht. Insgesamt sind laut belgischer Staatsanwaltschaft dabei 600 000 Euro und mehrere Handys beschlagnahmt worden. Die griechische Abgeordnete Eva Kaili von der sozialdemokratischen Pasok sitzt in Untersuchungshaft. Bei der Hausdurchsuchung der Vizepräsidentin des EU-Parlaments sollen Säcke voller Bargeld gefunden worden sein. Das Geld soll aus Katar kommen. Dafür soll sich Kaili, so der Vorwurf, positiv über den WM-Gastgeber geäußert und womöglich auch Einfluss auf politische Entscheidungen genommen haben. Kaili wurde zusammen mit vier anderen festgenommen. Der Vorwurf: Korruption, Geldwäsche, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie versuchte Einflussnahme aus dem Ausland.

"Das ist natürlich ein großer Schaden", sagt Fabio De Masi, der für die Linke von 2014 bis 2017 im Europäischen Parlament und danach bis 2021 im Bundestag saß. Dort hat er sich in mehreren Ausschüssen zu Finanzskandalen einen Namen gemacht. Mittlerweile ist er aus der Linken ausgetreten. Er habe Kaili "nicht als überaus engagierte Abgeordnete wahrgenommen", sagt De Masi weiter, der mit der Griechin 2014 ins EU-Parlament eingezogen war. "Sie hat aber trotzdem eine beachtliche Karriere gemacht."

Der Lobbyismus im Europäischen Parlament sei "sehr, sehr ausgeprägt", sagt der 42-Jährige. Aber auch in Deutschland seien die "Gesetze gegen Abgeordnetenbestechung ungeheuer schlecht". Man erinnere sich nur an die Masken-Deals, "wo quasi das Bundestagsmandat genutzt wurde, um nebenbei noch Kasse zu machen mit der Not in der Pandemie". Da "gab es überhaupt keine Verurteilung". Es brauche viel härtere, "knallharte Regeln", um Interessenkonflikte zu vermeiden. "Es geht auch nicht darum, dass jetzt irgendeine politische Partei die besseren Menschen hat, sondern wir alle sind schwach." Besonders schlimm findet er, dass jetzt auch Gewerkschafter verdächtigt werden, sich "von Katar schmieren zu lassen, wo Arbeiter auf Baustellen umgekommen sind". De Masi: "Ich weiß auch nicht, was so alles im Leben persönlich falsch gelaufen sein muss, dass der moralische Kompass da so im Eimer ist."