Süddeutsche Zeitung: Im Kreuzfeuer

Eine Presseschau mit Fabio De Masi

10.09.2020

Süddeutsche Zeitung: Im Kreuzfeuer, 10.09.2020, S.5

 

"Man weiß nicht genau, ob es Olaf Scholz belustigt, als er am Mittwoch Fabio de Masi im Bundestag zuhören muss. Oder ob er besonders angespannt ist. Der Sozialdemokrat Scholz sitzt in der Regierungsbank, er hat die Arme fest vor dem Rumpf verschränkt, lächelt schmallippig. Links vor ihm klagt ihn ein Linker des Betrugs an. Fabio de Masi behauptet, es spreche viel dafür, dass sich Olaf Scholz als Hamburger Bürgermeister dafür eingesetzt hat, dass die Privatbank 47 Millionen Euro geraubte Steuergelder nicht zurückzahlen musste an das Finanzamt. Ein heftiger Vorwurf. Scholz streckt irgendwann einen Arm – als würde er den Linken gerne einfangen wollen. Und nun?

Es ist 15.26 Uhr im Bundestag. Die Linken haben eine Aktuelle Stunde durchgesetzt, in der Scholz die CumEx-Geschäfte in Hamburg aufklären soll. Und sein Verhältnis zur Privatbank Warburg. Es ist für den Bundesfinanzminister der dritte Auftritt an diesem Tag – zum selben Vorwurf. Scholz weist alles von sich. Es habe keine politische Einflussnahme gegeben, nie. Das Finanzamt habe selbst entschieden, wie das üblich sei. De Masi glaubt ihm nicht. Darf eine Finanzbeamtin über 47 Millionen Euro entscheiden? Warum ist sie nicht entlassen worden, als sie sich später geweigert hatte, auf Aufforderung aus Berlin weitere 43 Millionen Euro zurückzufordern? Hat sich Scholz doch schützend vor die gutbürgerliche, alteingesessene Privatbank gestellt? (...)

Was die Abgeordneten dem Bundesfinanzminister nicht abnehmen, ist die Tatsache, dass die Gespräche mit dem Warburg-Banker ganz normale Gspräche gewesen sein sollen, an die man sich nicht erinnert. De Masi sagt, Scholz habe sich mit einem Banker getroffen, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt habe. (...)"