Welt am Sonntag: Schuld sind immer andere

Eine Presseschau mit Fabio De Masi

09.08.2020

Welt am Sonntag: Schuld sind immer andere, 9.08.2020, S.29

 

"Das Schreiben dürfte ungläubiges Staunen ausgelöst haben in der Wirecard-Zentrale in Aschheim bei München. Am 9. Juli informierte die Deutsche Prüfungsstelle für Rechnungslegung (DPR) die Manager des Dax-Konzerns darüber, dass für ihren Halbjahres- und Jahresabschluss 2018 "keine ordnungsgemäße Buchführung" vorliege. Die "Bilanzpolizei" hat damit einen Volltreffer gelandet: Zwei Wochen zuvor hatte Wirecard Insolvenz angemeldet - und zugegeben, dass 1,9 Milliarden Euro in der Bilanz wohl nie existiert haben.

Was klingt wie eine Posse, ist die bittere Realität des Behördenversagens im Fall Wirecard. Auf der einen Seite agierte dort ein straff geführtes Unternehmen, beherrscht von wenigen Männern und Frauen, gegen die die Staatsanwaltschaft wegen "gewerbsmäßigen Bandenbetrugs" ermittelt. Auf der anderen Seite arbeiteten eine Handvoll Beamte und Prüfer ihre Vorschriften ab. Ob ihnen diese Vorschriften ein schnelleres Eingreifen ermöglicht hätten, ist eine Frage, über die in Berlin derzeit heftig gestritten wird. (...)

Auch Fabio De Masi, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken, sieht die Finanzaufsicht in der Verantwortung. "Herr Hufeld verwickelt sich systematisch in Widersprüche, weil er immer die Verantwortung auf andere abwälzt", sagt er. (...)"