Ungereimtheiten bei Wirecard

08.05.2019

Die Wirecard AG steht im Verdacht, an Geldwäsche und Marktmanipulationen beteiligt zu sein. Die Finanzaufsicht BaFin hat sich auffällig zurückgehalten bei der Aufklärung dieser Verdachtsmomente. Das geht aus der Antwort der Bundesreigerung (PDF) auf eine Kleine Anfrage von Fabio De Masi hervor.

 

Kontext und Zusammenfassung der Ergebnisse:

Die Wirecard AG hat 2018 die Commerzbank AG aus dem Deutschen Aktienindex verdrängt. Der Aktienkurs der Wirecard AG fiel jedoch im Januar 2019 nach Medienberichten über mögliche Unregelmäßigkeiten im Bereich Rechnungslegung des Asiengeschäfts bis hin zu Transaktionen mit Bezug zu Geldwäsche um fast 30 Prozent. Die Finanzaufsicht BaFin verhängte danach erstmalig ein – aktuelles bis zum 18. April 2019 laufendes – Verbot sogenannter Leerverkäufe für die Aktie eines einzelnen Unternehmens, da vermeintlich die Stabilität des DAX gefährdet war. Ähnliche Hinweise auf Fehlverhalten bei Wirecard sowie darauf folgende Kurseinbrüche hatte es bereits im Jahr 2016 gegeben. Die Staatsanwaltschaft München bewertete die Vorwürfe gegen Wirecard damals als Marktmanipulation. Weitere Fragen zu Wirecard wurden durch Journalisten im Zusammenhang mit Aufkäufen indischer Firmen durch Wirecard aufgeworfen

Jenseits der das Unternehmen schützenden Untersuchungen wegen Marktmanipulation hat die Finanzaufsicht sich ausweislich der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage nicht mit den aktuellen Vorwürfen gegen Wirecard auseinandergesetzt bzw. keine Informationen eingeholt. Bei einer geldwäscherechtlichen Sonderprüfung in Deutschland waren überdies bereits 2010 Mängel bei Wirecard festgestellt worden, die zwar 2011 eingedämmt waren, aber noch 2015 zu einer Durchsuchung der Firma durch die Staatsanwaltschaft München führten. Hinsichtlich der aktuellen Vorwürfe ist Wirecard laut eigener Aussage durch den Bericht einer Anwaltskanzlei mittlerweile entlastet, es bestehen aber weiterhin weitgehende Transparenzlücken und es laufen nach wie vor Ermittlungen der Behörden in Singapur.

 

Fabio De Masi, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, kommentiert:

„Bei Wirecard bleibt vieles im Dunkeln. Die Kontrollsysteme im Konzern sind nicht auf DAX-Niveau. Selbstverständlich muss die Finanzaufsicht BaFin Verdachtsfällen auf Marktmanipulation nachgehen. Aber auch die Vorwürfe wegen Geldwäsche sind ernsthaft zu prüfen.“

 

Ergebnisse im Einzelnen:

  • Die BaFin erhielt im Januar 2019 anonym Informationen zu den Vorwürfen gegen Wirecard und analysierte diese ohne weitere Unterlagen von der Firma zu erhalten (Antwort 1 a-c). Mutmaßlich wurden auch keine weiteren Informationen abgefragt. Wirecard hat zum damaligen Zeitpunkt angegeben, sich an die BaFin gewandt zu haben. Ausländische Aufsichtsbehörden haben zu den Vorwürfen Informationen bei der BaFin angefragt (Antwort 1 e).
  • Aus geldwäscherechtlicher Sicht sieht die BaFin keine mit den Vorwürfen in Zusammenhang stehende Zuständigkeit (Antwort 1 f). Dies scheint ob der Vorgaben zur group compliance in der Geldwäschebekämpfung fragwürdig.
  • Die BaFin hat am 18. Februar 2019 das Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien verhängt und sich dafür mit der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) sowie mit der britischen Finanzaufsicht (FCA) abgestimmt.
  • Zur Untersuchung einer möglichen Marktmanipulation gegen Wirecard hat die BaFin Informationen bei mehreren ausländischen Aufsichtsbehörden per Amtshilfe abgefragt (Antwort 1 e).
  • Auch hinsichtlich vorheriger Berichte über dubiose Transaktionen sowie Unregelmäßigkeiten bei Wirecard hat die BaFin kein Informationen bei Wirecard selber abgefragt, sondern sich jeweils nur mit der Möglichkeit einer Marktmanipulation gegen das Unternehmen befasst. Bei der Wirecard Bank in Deutschland ergaben sich in diesem Zusammenhang laut BaFin keine geldwäscherechtlichen Mängel (Antworten 2 & 3).
  • Eine geldwäscherechtliche Sonderprüfung bei der Wirecard Bank im Jahr 2010 ergab geldwäscherechtliche Probleme, welche im Jahr 2011 in einer Nachprüfung als ausgeräumt angesehen wurden (Antwort 5). Im Jahr 2015 durchsuchte die Staatsanwaltschaft München die Räumlichkeiten von Wirecard und laut BaFin bestand ein Zusammenhang zu den 2010 festgestellten Mängeln. Ein in der Presse dargestellter Zusammenhang zu amerikanischen Ermittlungen (DIE ZEIT, Nr. 7, 7. Februar 2019, S: 21) sei der BaFin bzw. der Bundesregierung aber nicht bekannt.