Troika Laundromat und Strafakte Deutsche Bank
Auswertung der Antwort der Bundesregierung vom 07.06.2019 auf die Kleine Anfrage „Juristische Auseinandersetzungen im Finanzsektor" von Fabio De Masi u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.
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Zusammenfassung:
Die Deutsche Bank war in den vergangenen Jahren an vielen Finanzskandalen beteiligt und hat dafür hohe Strafzahlungen geleistet, insbesondere außerhalb Deutschlands. Hierzulande verläuft die Strafverfolgung teils schleppend bzw. es fehlt ein Unternehmensstrafrecht.
Die Bundesregierung verfügt quasi über keine Informationen zur „Strafakte“ der Deutschen Bank. Kenntnis besteht neben dem Emissionshandelsbetrug nur zu jeweils einer Ermittlung im Fall Offshore-Leaks bzw. Panama Papers. Im Rahmen des Betrugs mit Emissionshandelsscheinen musste das Institut in Deutschland ca. 410 Mio. Euro zahlen. Die BaFin hat in zehn Jahren lediglich zehn rechtskräftige Bußgeldbescheide (mit unbekanntem Umfang) gegen die Deutsche Bank erlassen.
Im Anfang 2019 medial berichteten Geldwäschefall „Troika Laundromat“ flossen mutmaßlich aus kriminellen Geschäften stammende Gelder in hohem Umfang auch über Konten der Deutschen Bank. Das BKA verfügt zu dem Komplex über umfassende Daten, wertet diese aber noch aus, Details werden von der Bundesregierung als Verschlusssache eingestuft. Meldungen von der Deutschen Bank an die für die Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden FIU und BaFin wurden augenscheinlich erst nach Kontakt mit den Journalisten abgegeben. Eingriffe jenseits einer vermeintlich stärkeren Überwachung der Aufsicht hat es bisher nicht gegeben. Dies bestätigt die Kritik an mangelhafter Geldwäschebekämpfung in Deutschland.
Geldwäscherechtliche Prüfungen bei der Deutschen Bank durch die BaFin wurden zwischen 2011 und 2017 16 Mal von externen Prüfern (darunter 6 Mal von EY) durchgeführt. Darin dass KMPG gleichzeitig als geldwäscherechtlicher Sonderprüfer sowie als Abschlussprüfer bei der Deutschen Bank agiert, sieht die Bundesregierung keine Interessenskonflikte.
O-Ton Fabio De Masi, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag:
„Die Deutsche Bank hat eine Strafakte wie eine kriminelle Vereinigung. Diese Unternehmenskultur gefährdet die Allgemeinheit, weil die Bank aufgrund ihrer Systemrelevanz im Zweifel die Steuerzahler ihre Strafzettel bezahlen lässt.
Auch beim Troika-Laundromat hat die Bank wohlmöglich erst gemeldet, als die Journalisten kurz vor der Veröffentlichung standen. Dies unterstreicht die eklatanten Schwächen der Geldwäscheaufsicht in Deutschland. Vergehen werden kaum aufgespürt und Bußen leicht aus der Portokasse gezahlt. Wir brauchen daher auch in Deutschland mehr Jagdfieber und Ressourcen, ein Strafrecht für Unternehmen sowie bei Verstößen gegen Geldwäschegesetze harte Strafen bis hin zum Entzug der Banklizenz.“
Ergebnisse im Einzelnen:
- Die vom Bundeskriminalamt (BKA) erlangten Daten zu dem sogenannten Troika Laundromat werden aktuell noch ausgewertet, weswegen die Bundesregierung Zahlen aus der Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung nicht kommentiert (Antwort 1).
- Informationen zu den 889 Mio. USD, die von Konten der Deutschen Bank an Konten des Troika Laundromat geflossen sind, werden von der Bundesregierung als Verschlusssache zur Verfügung gestellt, da die „Weitergabe derartiger interner und ungesicherter Erkenntnisse voreilige bzw. ungerechtfertigte Marktreaktionen beispielsweise im Hinblick auf den Kurswert eines Instituts hervorrufen [kann] und die Wettbewerbsposition eines Instituts beispielsweise in Bezug auf die Rekapitalisierung am Markt beeinflussen [kann]. Bei marktrelevanten Auskünften zu großen Instituten kann zugleich auch die Stabilität des Finanzmarktes und damit Staatswohlbelange berührt sein.“ (Antwort 2).
- Informationen zu Transaktionen zwischen der Deutschen Bank und der Firma „Meister Developers“ im Rahmen des Troika Laundromat wurden am 27.02.2019 an die FIU gegeben und am 05.03.2019 an die BaFin (Antwort 6). Sofern diese Informationen von der Deutschen Bank gemeldet wurden (vgl. Antwort 6 a)), liegt aufgrund der Veröffentlichung der Berichterstattung um diesen Zeitpunkt die Vermutung nahe, dass Meldungen erst nach Kontakt mit den Journalisten abgegeben wurden.
- Die Bundesregierung sieht keine Anhaltspunkte, dass die Deutsche Bank im Zusammenhang mit dem Troika Laundromat gegen geldwäscherechtliche Pflichten (mit Bezug zu Korrespondenzbankbeziehungen) verstoßen hat (Antwort 4) bzw. überhaupt für die Investmentbank Troika Dialog als Korrespondenzbank tätig war (Antwort 3). Die BaFin hat von der Deutschen Bank Informationen zum Troika Laundromat angefragt und erhalten (Antwort 6 b) & c)) und die Korrespondenzbankbeziehungen deutscher Banken zuletzt verstärkt überwacht, aber sonst keine konkreten Eingriffe vorgenommen oder Konsequenzen gezogen (Antworten 5 / 6e)).
- Geldwäscherechtliche Prüfungen bei der Deutschen Bank durch die BaFin wurden zwischen 2011 und 2017 16 Mal von externen Prüfern durchgeführt. Darunter waren 6 Prüfungen durch EY und insgesamt 9 unterschiedliche Prüffirmen (Antwort 7, Tabelle). Dies entspricht nach Berechnung der Bundesregierung allerdings nur 23,5% aller Prüfungen der Deutschen Bank (Antwort 8).
- Die Bundesregierung sieht keine Interessenskonflikte oder andere Probleme darin, dass das Unternehmen KMPG gleichzeitig als Abschlussprüfer der Deutschen Bank im Auftrag des Unternehmens und als geldwäscherechtlicher Sonderprüfer der Deutschen Bank im Auftrag der BaFin agiert (Antworten 9 / 10).
- Mit Verweis auf die Länderkompetenz bzgl. Justiz und Strafverfolgung sowie die EZB-Kompetenz im Bereich der Finanzaufsicht seit 2014 argumentiert die Bundesregierung über nahezu keine Informationen zu Verfahren wegen Finanz- oder Wirtschaftskriminalität gegen die Deutsche Bank bzw. Angestellte der Bank zu verfügen. Ausnahmen sind der Emissionshandelbetrug, wo das BKA in Ermittlungen involviert war und 12 Mitarbeiter der Deutschen Bank verurteilt wurden, die Geldwäsche- bzw. Sanktionsumgehungsfälle der Deutschen Bank Moskau („Mirror Trades“) im Zusammenhang mit welchen die Bundesbank über Informationen verfügt und 10 Ordnungswidrigkeitenverfahren mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid durch die BaFin (Antwort 11).
- Zu den großen Steuerskandalen der letzten Jahre verfügt das BKA im Zusammenhang mit der Deutschen Bank neben dem Emissionshandelbetrug nur über Informationen zu jeweils einer Ermittlung im Fall Offshore-Leaks und einer Ermittlung im Fall Panama Papers. Dies liegt einerseits an mangelnden Verfahren in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern (z.B. im Libor-Skandal) und andererseits an nicht-existenter Informationsweiterleitung an die Bundesebene in Verfahren mit Länderkompetenz (z.B. Cum-Ex) (Antwort 15).
- Im Rahmen des Emissionshandelbetrugs hat die Deutsche Bank insgesamt ca. 410 Mio. Euro an Steuerrückzahlungen und Bußgeldern geleistet (Antwort 16).
- Die Bundesregierung gibt keine Auskunft über Gespräche der Bundesregierung mit Vertretern der US-Regierung bzw. des US-Parlaments mit Bezug auf in den Vereinigten Staaten zurzeit laufenden parlamentarische, aufsichtsrechtliche oder strafrechtliche Untersuchungen bzw. Ermittlungen gegen die Deutsche Bank (Antwort 21).
- Zwischen dem 26.06.2017 (Start der FIU-neu) und dem 30.04.2019 sind bei der FIU insgesamt 26 494 Verdachtsmeldungen durch die Deutsche Bank eingegangen. Mit Blick auf die Gesamtzahlen der FIU entspricht dies vermutlich annähernd 20% aller abgegebenen Verdachtsmeldungen. Die FIU kann aufgrund ihrer IT- und Organisationsprobleme nicht angeben, wie viele dieser Meldungen bisher an Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wurden (Antwort 22).
Weiterlesen in der Presse:
Spiegel Online: Deutsche Bank meldete mehr als 26.000 Mal Verdacht auf Geldwäsche
Süddeutsche Zeitung: Skandal auf Wiedervorlage
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- Kleine Anfrage
- Auswertung der Kleinen Anfrage Stefan Herweg
Dazu passende Beiträge:
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- 16.04.2019
- 28.06.2019