Daumen runter für den Bankenrettungsfonds

Gastkolumne von Axel Troost und Fabio De Masi für die LINKE Bundestagsfraktion

05.11.2014
Axel Troost, Fabio De Masi

Eine gemeinsam geschriebene Kolumne von Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, und Fabio De Masi, für DIE LINKE im Europäischen Parlament und dort Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung

Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise versprach die Bundeskanzlerin, die Steuerzahler würden nie wieder für marode Banken haften. Dieses Versprechen wird mit der Bankenunion gebrochen. Sie beruht auf der gemeinsamen Aufsicht und der gemeinsamen Abwicklung von insolventen Banken (einschließlich eines Abwicklungsfonds). Mit dem Abwicklungsregime soll garantiert werden, dass zukünftig zunächst die Eigentümer und Gläubiger von Banken haften.

Der Bundestag wird nun am Donnerstag ein Gesetzespaket zur Bankenabwicklung verabschieden. Damit wird auch der europäische Bankenrettungsfonds endgültig auf den Weg gebracht. Die nationalen Fonds sollen in einem Zeitraum von acht Jahren schrittweise in einen europäischen Fonds überführt werden. Die Idee: Banken sollen in den Fonds einzahlen, um selber für die Kosten von Bankenrettungen aufzukommen. Doch ist dieses Versprechen glaubhaft?

Schon eine Großbank dürfte den europäischen Fonds im Krisenfall sprengen

Deutschland hat bereits seit knapp vier Jahren einen nationalen Fonds. Fazit: Die deutschen Banken zahlten viel zu wenig ein. Nach jetzigem Stand würde der Fonds sein Zielvolumen von 70 Milliarden Euro erst in über hundert Jahren erreichen. Wer glaubt, die nächste Krise komme erst wieder in hundert Jahren, sollte jedoch nicht regieren, sondern zum Arzt gehen. Auch der neue europäische Fonds wird die Steuerzahler nicht schützen. Er ist mit einem Zielvolumen von 55 Milliarden Euro sogar kleiner als der bisherige, deutsche Fonds. Das ist absurd: Die Banken sind in den letzten vier Jahren weder kleiner geworden noch haben sie sich von riskanten Geschäften verabschiedet. Schon eine Großbank dürfte den europäischen Fonds im Krisenfall sprengen, so dass dann wieder der jeweilige Staat oder der Euro-Rettungsschirm einspringen müssen.

Zumal es weiterhin Ausnahmen von der Haftung der Aktionäre und Gläubiger ("Bail-In") gibt. Bei einer Gefährdung der Finanzstabilität können präventiv Steuergelder in eine Bank gepumpt werden. Denn solange Banken weiter zu groß (und zu vernetzt) zum Scheitern sind, ist das Bail-In nicht glaubwürdig, da riskant. Und was unter Finanzstabilität verstanden wird, ist ebenso unklar. So wurde selbst die kleine Deutsche Industriebank AG (IKB) unter Verweis auf die Finanzstabilität gerettet und anschließend an den Finanzinvestor Lone Star verkauft.

Heraus kam Murks

DIE LINKE im Bundestag sowie im Europäischen Parlament macht sich daher keine Illusionen über die Bankenunion. Unser Ziel war, dass die Bankenabgabe wenigstens Großbanken mit riskantem Geschäftsmodell zur Kasse bittet. Das ist leider nicht gelungen: Der neue Fonds wird zwar tatsächlich in absehbarer Frist gefüllt. Denn die 55 Milliarden Euro werden bis 2024 gleichmäßig verteilt und auf die einzelnen Banken umgelegt. Um das genaue Verfahren wurde jedoch heftig gerungen. Heraus kam Murks: Es haben sich Länder mit von Großbanken dominierten Bankensystemen wie Frankreich gegenüber Ländern mit kleinteiligen Bankensystemen wie Deutschland durchgesetzt. Es wurde weder gewährleistet, dass nur systemrelevante Banken Beiträge zahlen müssen, noch, dass die Beiträge maßgeblich gemäß Risiko und Nutzen des Geschäftsmodels der Bank für die reale Wirtschaft anfallen. Eine Bank mit extrem riskantem Geschäftsmodell muss nicht einmal das Doppelte einer Bank zahlen, die ein extrem risikoarmes Geschäftsmodell fährt.

Substanzielle Erleichterungen für kleine Banken wird es nur für Kleinstbanken mit einer Bilanzgröße von bis zu einer Milliarde Euro geben. Das sind aber weniger als 20 Prozent der deutschen Sparkassen. Kaum gewürdigt wurde auch die Tatsache, dass deutsche Sparkassen und Genossenschaftsbanken eigene Sicherungssysteme unterhalten, bei denen sie im Krisenfall untereinander den Kopf hinhalten müssen. Sie werden daher den Abwicklungsfonds nicht beanspruchen. Ähnliches gilt für regionale Förderbanken, die über Anstaltslast und Gewährsträgerhaftung über eine faktische Staatsgarantie verfügen.

Umverteilung von Sparkassen zu großen Banken

Viele kleine Banken, wie zum Beispiel die Sparkasse Harburg-Buxtehude, müssen daher in Zukunft erhebliche Beträge schultern, um die mögliche Pleite großer Banken zu subventionieren. Insgesamt werden Sparkassen und Volksbanken in den nächsten Jahren mehrere hundert Millionen Euro abführen müssen. Geld, das entsprechend der gemeinnützigen Verwendung der Sparkassengewinne nicht für den lokalen Kinderspielplatz, den Sportverein oder das Heimatmuseum verwendet werden kann. Zahlungen, von denen die Sparkassen und Volksbanken überhaupt nicht profitieren können und die so zugunsten großer Konzerne umverteilt werden.

Auf den letzten Metern der Verhandlungen wurde noch eine Sonderregelung für kleinere Banken mit einer Bilanzsumme von bis zu drei Milliarden Euro getroffen. Doch diese Regelung ist vielmehr eine symbolische Geste, denn davon betroffene Banken werden lediglich um circa zehn Prozent entlastet. Der Sinn dieser Regelung ist vielmehr ein anderer: Die Bundesregierung soll damit den schlechten Kompromiss zu Hause schönreden, damit die Große Koalition dem Abwicklungspaket zustimmt. Dem werden wir uns verweigern.

zuerst veröffentlicht auf linksfraktion.de