Freitag-Interview: "Steckbrief … ?"

Fabio De Masi im Interview über Politik, Religion & Fische

27.04.2018
Susann Massute

Der Freitag, Nr. 17, 26. April 2018: Der Kommunismus ist … ?

Sein Großvater kämpfte als Partisan gegen den Faschismus. Als Fabio de Masi (38) noch als Abgeordneter im Europäischen Parlament saß, kämpfte er unter anderem gegen Steuerhinterziehung. Seit 2017 sitzt der studierte Volkswirt für die Linke im Bundestag.

Was mögen Sie an Angela Merkel?

Sie wirkt bodenständig. Aber „Susi“ Neumann auch – und die könnte besser Kanzlerin.

Welches Buch haben Sie zuletzt nicht zu Ende gelesen?

Unendlicher Spaß von David Foster Wallace. Und die Bibel. Aber beide interessant.

Welchen linken Politiker, welche linke Politikerin bewundern Sie?

Die Arbeiterbewegung hat immer wieder beeindruckende Persönlichkeiten hervorgebracht. Ich bewundere Reinigungskräfte oder Verkäuferinnen, die ohne Rampenlicht kämpfen und ein
großes Herz haben.

Würden Sie gerne öfter Fahrrad fahren?

Ja, ich besitze zwei Rennräder.

Welches Auto gefällt Ihnen am besten?

Jaguar E-Type. Aber ehrlich: Das einzige Auto, das ich je besaß, war ein alter Benz mit ausgeleierter Kupplung.

Kommt es vor, dass Sie „p.c.“ oder „nicht p.c.“ sagen? 

Nee. Ist mir latte. 

Welche Drogen sollten Ihrer Meinung nach legalisiert werden?

Cannabis für den Eigenbedarf, Heroin an Suchtkranke unter ärztlicher Aufsicht. Ich bin aber gegen Drogen-Kommerz. Pferdebetäubungsmittel gehört ja auch nicht an die Supermarktkasse.

Ist Alkohol eine Droge?

Klar.

Darf man in Ihrem Schlafzimmer rauchen?

Gute Freunde bei Liebeskummer. Franzosen immer. Ich tue es
nicht.

Wer oder was hätten Sie gerne sein mögen?

Ich bin schon okay. Ansonsten Rockstar.

Wie viele Apps sind auf Ihrem Smartphone?

64. Wahnsinn.

Und welche benutzen Sie am meisten?

E-Mail, Kalender, Taschenlampe.

Töten Sie Insekten?

Ja.

Ihr Lieblingsvogel?

Specht.

Haben Sie einen Lieblingsfisch?

Matjes – im Brötchen.

Sollte man Gehälter öffentlich machen?

Steuerbescheide ab einem gewissen Einkommen. Wie in Skandinavien.

Ist die Lüge ein legitimes Mittel in der Politik?

Ein Mensch lügt etwa 100-mal am Tag. Vor allem belügen wir uns selbst. Manchmal aus Selbstschutz. Aber Demokratie braucht Vertrauen. Da sind Lügen nicht hilfreich. Manchmal reicht es, den Mund zu halten, auch wenn da ein Mikrofon steht.

Der Kommunismus ist ...?

… vielleicht wieder Thema, wenn Fußball nicht mehr im Pay-TV läuft und Menschen, die sich abrackern, wieder anständig behandelt werden.

Welchen Song würden Sie auf die einsame Insel mitnehmen?

Simply Beautiful von Al Green.

Toskana oder Krim?

Piemont.

Haben Sie manchmal Angst, etwas Falsches zu sagen?

Ja.

Welche Verschwörungstheorie halten Sie für wahr?

Im Krieg stirbt als Erstes die Wahrheit. Sonst gilt: Wo es mächtige Interessen gibt, braucht es keine Verschwörungen. Die Mächtigen haben ihre Netzwerke und kennen ihre Interessen.

Gehen Sie zu sorglos mit Ihren Daten im Netz um?

Ja.

Kaufen Sie bei Amazon? 

Ja. Mir fehlt leider oft die Zeit zum Einkauf.

Ihre Lieblingsgewerkschaft?

Ich bin Verdi-Mitglied. Aber Linke brauchen auch Heavy Metal.

Sollte der Kapitalismus überwunden werden?

Der Kapitalismus zerstört den Menschen und unsere Lebensgrundlagen. Also ja: There is no alternative.

Haben Sie Aktien?

Nein.

Haben Sie schon einmal einen Abend mit einem Flüchtling verbracht?

Ja.

Sind einige Ihrer besten Freunde Muslime?

Ja, und ich bin Katholik. Interessiert keinen Depp.

Ihr Lieblingsfilm?

Habe ich nicht. Ich mag die Cohen-Brüder und Luchino Visconti

Ihr Lieblingsmaler?

Caravaggio, Diego Rivera ...

Welche Ausstellung haben Sie zuletzt besucht?

Ich war im Zeitz Museum of Contemporary Art in Kapstadt. Habe Arbeiten von William Kentridge und Kudzanai Chiurai gesehen.

Wald oder See? 

Wald mit See.

Ihr Lieblingsjournalist?

Seymour Hersh. Derzeit gefallen mir die Kolumnen von Jakob Augstein. Frank Schirrmacher war ein Großer.

Wie möchten Sie sterben?

Einschlafen oder Herzinfarkt. Beim Schnapstrinken.