Deutschland ist ein Magnet für schmutziges Geld

Mein Interview bei Makroskop über Steuervermeidung, Geldwäsche und Kapitalismus

20.06.2017
Fabio De Masi

Das Interview erschien am 20 Juni 2017 auf makroskop.eu

Der Europaabgeordnete Fabio De Masi über Steuerdumping in der EU, Juncker und die Offshore-Paradiese als genetischer Code des modernen Kapitalismus.

Seit 2014 sitzt Fabio De Masi für Die Linke im Europäischen Parlament. Dort kämpft der studierte Ökonom als stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments zu Geldwäsche sowie Steuerhinterziehung und -vermeidung (PANA) gegen Steuerdumping. Schon bald könnte das Gesicht des gebürtigen Hessen mit italienischen Wurzeln in Deutschland bekannter werden. De Masi wurde zum Hamburger Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl 2017 nominiert. Nico Beckert sprach mit ihm in Brüssel.

 

Herr De Masi, eines Ihrer Hauptthemen ist die Steuerflucht von Unternehmen und Vermögenden. Wie kam es zu diesem Interesse?

Der Markenkern meiner politischen Arbeit ist der Kampf gegen die Kürzungspolitik (Anm. d. R.: dazu mehr in einem zweiten Teil des Interviews, das wir am Freitag veröffentlichen ), die ich für sozial verheerend, aber auch für wirtschaftspolitisch verfehlt halte. Natürlich muss man dabei auch über die Einnahmeseite – also die Steuern – sprechen. Und da ist es absurd, dass wir effektive Steuersätze wie bei Apple auf die Rohgewinne im Jahr 2014 von 0,005% Steuern hatten. Das sind 50 Euro für jede Million Euro Gewinn. Gleichzeitig haben wir eine brutale Kürzungspolitik in Europa. Das ist grotesk.

SwissLeaks, LuxLeaks, die Panama Papers und in Deutschland Cum-Ex – man hat das Gefühl, die Steuer-Skandale werden immer größer und zahlreicher. Wer trägt die politische Verantwortung für Steuerschlupflöcher? 

Natürlich gibt es berüchtigte Finanzplätze, Luxemburg, Malta, Irland, die das Modell als Steueroase als ihre Nische entdeckt haben. Aber auch Deutschland ist im Bereich der Geldwäsche katastrophal. Die großen Mitgliedsstaaten wussten ja, dass Steuervermeidung läuft und haben auch ein systematisches Interesse daran, es weiter laufen zu lassen.

Warum?

Weil es ja nicht luxemburgische oder maltesische Unternehmen sind, die davon profitieren, sondern deutsche oder französische. Hinzu kommt, dass die EU-Verträge so angelegt sind. Es gibt keine Kompetenzen für die Koordinierung der Unternehmenssteuersätze, nur für die Mehrwertsteuer, die überwiegend die kleinen Leute zahlen. Der Steuerwettbewerb ist also auch gewünscht in der EU, er ist ein Element des Binnenmarktes und der neoliberalen Wirtschaftsverfassung der EU.

Jetzt gibt es öffentliche Empörung über Steuerflucht. Die EU-Kommission versucht wiederum diese Empörung zu nutzen, um mehr Kompetenzen für sich durchzusetzen und ein Stück weit eine Harmonisierung zu erreichen. Harmonisierung heißt aber nicht zwingend eine Einschränkung des Steuerwettbewerbs. Sondern Harmonisierung kann eben auch heißen, dass der Wettbewerb über die Steuersätze – weil die EU-Verträge keine Mindeststeuern ermöglichen– erst richtig losgeht. Ein großer, entscheidender Player in dem ganzen Konzert war immer Jean-Claude Juncker, der Architekt und Pate des Steuerkartells in Luxemburg.

Man hat das Gefühl EU-Kommission und EU-Mitgliedsländer schieben sich allzu gern den schwarzen Peter zu.

Juncker hat immer gesagt, dass sei nicht Luxemburg-Leaks, sondern EU-Leaks, dass hätten ja alle gemacht – da hat er auch Recht. Das Ding ist, die großen Mitgliedsstaaten versuchen teilweise Druck auf die kleinen Mitgliedsstaaten zu machen, haben in bestimmten Bereichen aber auch ihre Leichen im Keller. Die EU-Kommission wiederum sagt, dass die Mitgliedsstaaten Reformen blockieren. Das stimmt auch, aber im Prinzipist der Steuerwettbewerb politisch gewollt.

Was sollte Juncker stattdessen tun?

Juncker könnte als EU-Kommissionspräsident Druck machen. Er könnte Luxemburg zum Beispiel auffordern, die Blockadehaltung bei Reformen aufzugeben. Oder Juncker könnte sich dafür einsetzen, dass bestimmte, schädliche Steuerregime per Mehrheitsentscheidung in der Ratsarbeitsgruppe Verhaltenskodex geächtet werden können.

Ist denn das aktuelle Steuerregime überhaupt noch an die globalisierte Welt angepasst?

Wir haben in der EU freien Kapitalverkehr, unterschiedliche Steuerregime, die Konzerne ausnutzen, und eine Steuerarchitektur, die nichts mehr mit dem zu tun hat, wie internationale Konzerne funktionieren.

Ein beliebter Trick zu Steuervermeidung sind interne Verrechnungspreise. Apple zum Beispiel verkauft iPhones in einem Land mit höheren Steuern, macht eine Briefkastenfirma in einer Steueroase auf und schickt die Gewinne des Konzerns aus dem Verkauf von iPhones dadurch in die Steueroase, dass es dort die Patentrechte verwaltet und dann quasi eine fiktive Patent- oder Lizenzgebühr zahlt oder einen fiktiven Kredit. All diese Transaktionen finden innerhalb eines Konzerns statt.

Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Das interessante ist, dass mittlerweile der größere Teil des Welthandels Transaktionen innerhalb von Konzernen sind. Wir betrachten diese Konzerne mit ihren tausenden Töchtern und Briefkastenfirmen aber als separate Einheiten, anstatt zu sagen, das ist alles eine Soße und wir gucken am Ende des Tages, wie viel Gewinn machen die Unternehmen in der EU und verteilen den dann nach einer Formel. Wenn Luxemburg nur eine Briefkastenfirma mit einem Anrufbeantworter hat, dann würden sie nicht das Kriterium der ökonomischen Substanz erfüllen und würden eben nichts abbekommen von dem Kuchen.

Und was sagt die EU-Kommission dazu?

Die EU-Kommission schlägt hier zwar Reformen bezüglich der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsbemessungsgrundlage vor. Jedoch ist nicht klar, dass mit dem Vorschlag der EU-Kommission die Unternehmen tatsächlich mehr Steuern zahlen werden.

Zum Beispiel will man es sogar erleichtern, dass die Unternehmen ihre Verluste grenzüberschreitend anrechnen lassen können. Wenn sie also einen Verlust in Land XY gemacht haben, dann können sie diesen trotzdem anrechnen lassen in einem Land, in dem sie Gewinn gemacht haben und wo sie eine höhere Steuerlast haben. Ob es aber im zweiten Schritt jemals zur EU-weiten Ermittlung und Verteilung der Gewinne kommt steht in den Sternen, da hier alle EU Staaten zustimmen müssen. Und da wir keine Mindeststeuersätze haben, kann es dazu kommen, dass über die Vereinheitlichung der Steuerwettbewerb über die Steuersätze sogar weiter angefacht wird.

Jetzt haben sie gerade gesagt, Juncker könnte die Mitgliedsstaaten auch dazu drängen, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Nun hat er im PANA-Ausschuss des Europaparlaments angekündigt, Initiativen zu unterstützen, die eine Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips in steuerpolitischen Fragen vorsehen und somit die Blockadehaltung einiger Staaten zu durchbrechen. Ihr Kollege Sven Giegold spricht bei letzterem sogar von einem „Game Changer“. Wird Juncker das wirklich machen?

Juncker sagt dazu ja und hat damit sein Ave-Maria, sein öffentliches Bekenntnis abgegeben. Aber ob er es dann wirklich macht, ist eine andere Frage. Er hat nämlich im gleichen Ausschuss gesagt, es obliege ihm nicht, die Angelegenheiten von Mitgliedsstaaten zu kommentieren.

Die EU-Kommission kommentiert aber den ganzen Tag Angelegenheiten von Mitgliedsstaaten – denken wir an die ganzen Defizitverfahren. Ich bezweifle, dass Juncker sich dort mit jemanden anlegen wird, er ist ein Mann des Big Business. Bei der Ankündigung der Schwarzen Liste der Steueroasen hat man das gleiche Problem gehabt – die EU Kommission hat groß angekündigt und dann gab es einen diplomatischen Kuhhandel So wird die schwarze Liste keine EU Staaten umfassen. Ein Land mit einer Unternehmenssteuer von null Prozent soll nicht automatisch als Steueroase gelten.

Absurd!

Das hört sich aussichtslos an …

Wir wären schon froh, wenn wir mehr Transparenz hätten. Wenn wir die länderspezifische Berichterstattung von Konzernen einführen und öffentlich machen würden. Dann müssten Konzerne für jedes Land Gewinne, Steuern und Ähnliches ausweisen. Das will die EU Kommission zwar auch. Aber mit zahlreichen Ausnahmen. Eine Berichtspflicht soll es nur für Aktivitäten in der EU und die Länder auf der schwarzen Liste geben, Viele Mitgliedsstaaten – auch Deutschland – blockieren zudem, weil sie Angst haben, dass beispielsweise deutsche Exportunternehmen von anderen Ländern belangt werden.

Und die EU-Verträge behindern eine aktive Industriepolitik. Staatliche Beihilfen sind enorm erschwert, man hat keine eigenständige Geld-  und Wechselkurspolitik, die Fiskalpolitik ist durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt eingeschränkt. Kein Wunder, dass da die Länder sagen, da bleibt uns halt nur noch das Steuerdumping. Und da ist auch etwas Wahres dran. Solange die EU auf ein Regelwerk setzt, dass die Länder in den Unterbietungswettlauf zwingt, kann man sich auch die Moral sparen.

Das heißt, die zwölf von Juncker aufgeführten Steuerreforminitiativen lassen noch immer große Schlupflöcher?

Absolut. Ich glaube die effektivste Methode ist, die auch die Amerikaner angewandt haben – die ja mit Delaware, Nevada oder New York auch eine Steueroase sind. Aber die USA haben zu Lichtenstein oder der Schweiz gesagt: Hört zu, wenn ihr nicht kooperiert beim Bankdatenaustausch, dann erheben wir eine saftige Quellensteuer und kündigen die Doppelbesteuerungsabkommen mit euch. Und genau das wäre die Methode. Wir müssten eigentlich sagen, wenn wir uns unter 27, 28 Ländern nicht einigen können ‒ oder mit den ganzen Steueroasen außerhalb der EU, dann gibt es eben saftige Quellensteuern, auch auf Finanzflüsse in Steueroasen.

Mit anderen Worten, gerade einzelne Staaten müssten wieder das Heft des Handelns in die Hand nehmen?

Ja, eine Einigung mit allen EU Staaten passiert immer nur beim kleinsten gemeinsamen Nenner. Gegen die Interessen der europäischen Steueroasen kommt man daher nur an, wenn man auch unilateral etwas tut. Das Problem ist, dass der europäische Gerichtshof mittlerweile die Möglichkeit der sogenannten Hinzurechnungsbesteuerung eingeschränkt hat. Wenn also im Zielland nicht angemessen besteuert wird, die Herkunftsstaaten des jeweiligen Unternehmens selbst etwas draufschlagen dürfen, wenn das Geld ihr Land verlässt.

Vor 10, 15 Jahren ist man noch davon ausgegangen, dass die Durchsetzung der nationalen Steuergesetze nicht unter den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit fällt. Der EuGH sieht das mittlerweile anders und das ist ein Teil des Problems. Der offene Kapitalverkehr ist damit auch ein Problem in der EU, weil er die Durchsetzung von Steuergesetzen erschwert.

Sie haben gerade auch gesagt „wir müssten den amerikanischen Weg gehen“. Wer ist denn da „wir“ – die Bundesregierung?

Ja, aber dass die andere politische Interessen verfolgt, ist mir klar. Aber wenn eben gesagt wird, häufig auch von der Kommissionsseite, wir bekommen keine perfekten Lösungen hin, weil wir Kompromisse zwischen vielen Ländern finden müssen, kann man den Kompromissen auf die Sprünge helfen und Druck aufbauen. Wie es die USA getan haben.

Deutschland ist ja bereit, bei allem Druck aufzubauen. Bei den Troika-Programmen mit Griechenland, da bauen sie immer Druck auf. Es gibt Länder, die führen Krieg, um Druck aufzubauen. Nur bei den Steuern, da sagt man immer, wir können nichts tun. Diese Unschuldsnummer, die sollten wir ihnen einfach nicht mehr abnehmen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble stellt sich als Vorreiter im Kampf gegen die Steuervermeidung dar. Reichen die deutschen Bemühungen denn aus?

Nein, absolut nicht. Wir sehen das jetzt gerade im Bereich der Geldwäsche. Geldwäsche ermöglicht häufig Steuerhinterziehung. Deutschland ist ein Paradies für Geldwäsche und organisierte Kriminalität von Steuerausländern – etwa im Immobilliensektor – wie auch das Bundeskriminalamt beklagt. Die Bundesregierung hat zum Beispiel vor kurzem im EU-Rat öffentliche Register über die wahren Eigentümer von Briefkastenfirmen blockiert. Und gegen den Ratschlag seiner eigenen Beamten hat Finanzminister Schäuble bei der deutschen Umsetzung der früheren Geldwäscherichtlinie auf die Einführung öffentlicher Register verzichtet. Insofern ist Deutschland da überhaupt nicht unschuldig, sondern ein Magnet für schmutziges Geld.

Zudem gibt es einen gewollten und herbeigeführten Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern durch zu geringe Ausstattung von Finanzämtern mit Betriebsprüfern und Ähnlichem.

Das klingt nach einem Skandal …

Die ganzen Skandale sind ja keine Betriebsunfälle, es ist der Regelbetrieb. Auch Steueroasen sind kein Zufall. Der Aufstieg der Offshore-Paradiese ist quasi ein genetischer Code des modernen Kapitalismus, weil das viele konzentrierte Kapital versucht, vor dem Zugriff des Staates gesichert zu werden. Je stärker die Konzentration von Gewinnen und Vermögen desto größer die kriminelle Energie.

Was sind ihre konkreten Vorschläge, um Steuerflucht und Steueroasen einen Riegel vorzuschieben?

Um nur einige Maßnahmen zu nennen: Wir müssen weg vom Wettbewerbsrecht und  dem System der Transfer- und Verrechnungspreise. Um dort Fehlverhalten nachzuweisen, muss man derzeit aufzeigen, dass ein Unternehmen diskriminiert wurde. Wenn jetzt beispielsweise Apple 1% Steuern zahlt und Google 0%, dann ist das eine Diskriminierung von Apple. Wenn beide 1% oder beide 0% zahlen, ist die Welt in Ordnung. Dass ist natürlich ein absurder Rahmen, um dagegen vorzugehen.

Zudem ist es aufgrund von Personalmangel – man hat dafür auf EU Ebene  derzeit 20 bis 25 Beamte – wahnsinnig schwierig, bei tausenden von internen Transaktionen, die in Unternehmen vorgenommen werden, nachzuweisen, dass die nicht mit Marktpreisen abgerechnet haben.

Außerdem stellt sich immer die Frage: Was ist der Marktpreis von einem Patent von einem iPhone? Wer definiert das? Auch für Entwicklungsländer ist das oft schwierig, da sie hierfür oft gar nicht die administrativen Kapazitäten haben. Wir müssen zu einem System kommen, in dem Konzerne wie eine Einheit betrachtet werden und Gewinne dort besteuert werden, wo sie anfallen.

Zudem kann noch immer über unterschiedliche Bilanzierunsregime getrickst werden. Da braucht es Reformen. Ebenso braucht es Mindeststeuersätze, Quellensteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen, die Kündigung von Doppelbesteuerungsabkommen mit unkooperativen Staaten und ein Unternehmensstrafrecht, damit man nicht mehr das Vergehen von Einzelnen bestrafen, sondern Unternehmen, Banken und Berater haftbar machen kann – bis hin zum Lizenzentzug. Desweiteren brauchen wir absolute Transparenz bei der Länderberichterstattung (country-by-country reporting) und bei den Steuervorbeischeiden (tax rulings).

Zur Aufklärung gehören ja auch immer Ausschüsse wie der PANA-Ausschuss. Wie läuft die Arbeit solcher Ausschüsse? Gibt es da Hindernisse bei der Aufklärungsarbeit?

Hindernisse gibt es eine ganze Menge. Ein Untersuchungsausschuss im europäischen Parlament hat nicht dieselben Kompetenzen wie ein nationaler U-Ausschuss oder der US Senat. Wir haben kein Recht, Zeugen vorzuladen. Wenn sie nicht erscheinen, können wir nichts machen. So ist beispielsweise die Vorsitzende der Code of Conduct Group – der „Gruppe Verhaltenskodex“ der Mitgliedsstaaten, wo die Steuerfragen diskutiert werden – nicht erschienen. Und auch die maltesische Ratspräsidentschaft hat sich der Zusammenarbeit mit dem Ausschuss verweigert.

Wir kriegen teilweise keinen Zugang zu Dokumenten oderdiese werden geschwärzt. Ich verklage deswegen die EU-Kommission, die wiederum sagt, sie rücken die Dokumente nicht raus, weil die Mitgliedsstaaten nicht wollen. Die Mitgliedsstaaten boykottieren uns ganz offen.

Vor kurzem kam der Cum-Ex-Skandal ans Tageslicht, bei dem sich Unternehmen, Banken und Berater eine einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Dividendenzahlungen mehrmals zurückerstatten ließen. Schaden für den deutschen Fiskus durch solche und ähnliche Praktiken: 31 Milliarden Euro. Wie erklärt man der steuerzahlenden Putzkraft und dem Kassierer an der Supermarktkasse, dass die Bundesregierung da so lange untätig blieb?

Das muss die Bundesregierung erklären. Das führt natürlich zuOhnmacht und Verachtung . Die Deutsche Bank muss man eine kriminelle Vereinigung nennen – mit angeschlossenem Bankgeschäft. Lobbyisten schreiben Gesetzen, und schaffen sich dadurch ihre zukünftigen Geschäftsmodelle.

Wir wissen mittlerweile, dass selbst Terroristen Karussell-Geschäfte bei der Mehrwertsteuer (hier) nutzen. Da geht es um wenige bekannte Akteure. Man könnte denen gesetzgeberisch das Handwerk legen. Warum das nicht gemacht wird? Ich kann mir das nur mit unzureichendem politischen Interesse erklären.

Selbst die Commerzbank hat nach ihrer Teilverstaatlichung in ihren Prospekten noch mit Geschäftsmodellen mit Steueroasen geworben. Bei der staatlichen Beteiligung wurden die Sperrminoritäten so gelegt, dass der Staat gerade keinen Einfluss nehmen konnte auf die Geschäftsmodelle. Damit ermutigt man Kriminalität.

Steuerflucht ist ja quasi Schwarzfahren auf Kosten der Allgemeinheit. Warum schaffen es linke Parteien nicht, mit diesem Thema mehr Stimmen der Wähler zu gewinnen?

Ich glaube, da gibt es zwei Probleme. Zum einen ist es für viele Leute ein etwas abstraktes Thema. Wenn jemand auf der Straße überfallen wird, sind wir uns einig, dass er beklaut wird. Wenn jemand weniger ans Finanzamt zahlt und andere dann mehr zahlen müssen, ist dieser Zusammenhang weniger deutlich.

Zweitens setzen wir in der Linken vielleicht auch gelegentlich falsche Schwerpunkte in der öffentlichen Debatte.

Das Interview erschien am 20 Juni 2017 auf makroskop.eu