EU-Finanzminister - Kein Rendezvous mit Realität

Pressemitteilung von Fabio De Masi

26.04.2015

"Varoufakis mag in der Eurogruppe isoliert sein, aber er verhandelt im Unterschied zu den übrigen Finanzministern im Interesse der Menschen in Europa", kommentiert der Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE) das EU-Finanzministertreffen mit den Themen Griechenland, Steuern und Kapitalmarktunion in Riga (Lettland).

"Die Euro-Gruppe muss klären, was sie will. Sie weist jeden Reformvorschlag der griechischen Regierung zurück, macht aber keine eigenen – außer die gescheiterte Politik der Lohn- und Rentenkürzungen fortzusetzen. Das ist Veruntreuung von Steuergeldern, weil Griechenland so tiefer in die Depression geführt und die Rettungsmilliarden vollständig abgeschrieben werden müssen.

Der Chef der Euro-Gruppe Dijsselbloem sollte die Zusammenarbeit der griechischen Regierung mit der OECD zur Reform des Steuervollzugs und die Ermittlungen gegen hochrangige Persönlichkeiten wegen Steuerhinterziehung auf Grundlage der Lagarde-Liste unterstützen. Er prellt aber den griechischen Staat und die Steuerzahler in Europa um ihr Geld, weil niederländische Briefkastenfirmen - wie im Fall des kanadischen Goldkonzerns Eldorado - nachweislich für Steuervermeidung in Griechenland genutzt werden. Der Austausch von Steuerbescheiden unter den Finanzministern ist daher völlig unzureichend. Der Informationsaustausch muss automatisiert und öffentlich gemacht werden. Zudem braucht es schleunigst eine veröffentlichungspflichtige länderspezifische Berichterstattung (country-by-country-reporting) für multinationale Konzerne nach dem von der OECD vorgeschlagenen Format.

Die griechische Regierung will ihre Wahlversprechen aus eigener Kraft finanzieren. Die Notmaßnahmen der griechischen Regierung kosten etwa 1,8 Milliarden Euro über die gesamte Wahlperiode. Dies entspricht allein dem Gewinn der Europäischen Zentralbank aus dem Geschäft mit griechischen Staatsanleihen, der Griechenland zusteht. Die Weigerung der Euro-Gruppe zuzugeben, dass Griechenland bankrott ist und eine Umschuldung benötigt, führt jedoch zu permanentem Druck auf die Liquidität zur Überweisung alter Schulden. Die Euro-Kredite wurden zudem aufgenommen, um deutsche und französische Banken zu retten. Diese Wahrheit darf nicht weiter geleugnet werden – sie kommt spätestens im Juni auf den Tisch."

Der deutsch-italienische Wirtschaftspolitiker abschließend: "Die Pläne zur Kapitalmarktunion und zur Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes sind gefährliches Finanz-Voodoo. Die Unternehmensfinanzierung in Europa gründet schon allein aufgrund der Bedeutung des Mittelstands auf Bankkrediten statt auf teurer und schwankender Kapitalmarktfinanzierung und es gibt keinen Mangel an Liquidität. Der Investitionsstreik der Unternehmen lässt sich nur mit einem echten, öffentlichen Investitionsprogramm von 500 Milliarden Euro jährlich überwinden. Die EZB könnte diese Programme über Kredite an die Europäische Investitionsbank anschieben."