Cum-Ex-Skandal: „Olaf Scholz macht sich erpressbar“

In der Cum-Ex-Affäre um Steuerbetrug durch trickreiche Aktiendeals spielt die Hamburger SPD eine dubiose Rolle. Für den möglichen Bundeskanzler Olaf Scholz könnte das noch gefährlich werden, warnt der Finanzexperte Fabio De Masi.

04.10.2021

Fabio De Masi ist Finanzexperte der Linkspartei. Von 2014 bis 2017 war er Mitglied des Europäischen Parlaments und von 2017 bis 2021 Abgeordneter im Bundestag. Er hat dort die Aufklärung des Cum-Ex-Skandals vorangetrieben. Auf eine erneute Kandidatur verzichtete er. 

Herr De Masi, diese Woche dursuchten  Ermittler die Wohnungen und Büros von ehemaligen SPD-Politikern sowie Finanzbehörden in Hamburg. Wie gefährlich wird das für Olaf Scholz?

Der Cum-Ex-Skandal rückt noch weiter an ihn heran, als er es eh schon war. Johannes Kahrs, dessen Wohnung nun von der Staatsanwaltschaft Köln durchsucht wurde, war lange Jahre einer der wichtigsten Strippenzieher der Hamburger SPD. Als der inzwischen wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe verurteilte Chef der Hamburger Privatbank M.M.Warburg & CO die Unterstützung der Politik suchte, stellte Kahrs für ihn damals den Kontakt zu Olaf Scholz her.

Scholz war zu dieser Zeit Erster Bürgermeister von Hamburg. Was hat er für den Bankier getan?

Was Scholz genau getan hat, ist nicht aufgeklärt. Denn er schweigt dazu hartnäckig. Bekannt ist allerdings inzwischen, dass er sich während des laufenden Steuerverfahrens dreimal mit dem Bank-Chef getroffen hat. Das hat Scholz in Bundestagsbefragungen eingeräumt, nachdem Medien darüber berichtet hatten. Doch was Scholz mit dem Bankier besprochen hat, bleibt sein Geheimnis. Er behauptet, sich nicht daran erinnern zu können.

Um was könnte es denn gegangen sein? Was vermuten Sie?

Die Bank M.M.Warburg & CO war damals mit möglichen Rückforderungen des Finanzsamts in zweistelliger Millionenhöhe konfrontiert. Durch trickreiche Aktiendeals hatte sie sich Kapitalertragssteuern erstatten lassen, die sie zuvor gar nicht gezahlt hatte. Auch andere Banken haben diese sogenannten Cum-Ex-Geschäfte betrieben. Zwar war die Rechtslage damals noch nicht eindeutig geklärt, aber die zuständigen Betriebsprüfer des Finanzamts in Hamburg wollten das Geld von der Bank M.M.Warburg & CO zurückfordern. Sie wurden ausgebremst, nachdem der Bank-Chef einen Brief an den Finanzsenator geschickt hatte. Olaf Scholz soll ihm dazu geraten haben.

Der Bundesgerichtshof hat die Cum-Ex-Deals inzwischen für illegal erklärt. Die ausgebremsten Finanzbeamten hatten also Recht.

Ja. Deshalb muss Scholz offenlegen, welche Rolle er in dieser Affäre gespielt hat. Das erwarte ich von ihm, ganz besonders, weil er Sozialdemokrat ist. Schlimm finde ich in diesem Zusammenhang auch, dass die Hamburger SPD eine Parteispende der Wartburg-Bank angenommen hat und diese bis heute nicht zurückgeben will. Das war gewissermaßen das Trinkgeld für die Cum-Ex-Millionen.

Neben ehemaligen SPD-Politkern ist auch eine Hamburger Finanzbeamtin beschuldigt. Welche Rolle spielte sie? 

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