Hamburger Morgenpost: Fabio de Masi „Geldwäsche ist Kriminalität der Reichen und Mächtigen“

Ein Interview mit Fabio De Masi

06.05.2021

Hamburger Morgenpost: Fabio de Masi „Geldwäsche ist Kriminalität der Reichen und Mächtigen“

 

"Geldwäsche ist seit Jahrzehnten ein großes und bekanntes Problem in Deutschland. Es reißt ein riesiges Loch in den Haushalt – Dunkelfeldstudien zufolge gehen dem Staat durch Geldwäsche jährlich über 100 Milliarden Euro verloren. So bezeichnet Fabio de Masi (Linke) die Bundesrepublik auch als „Gangster's Paradise“. (...)

Herr De Masi, Sie setzen sich für den Kampf gegen Geldwäsche durch organisierte Kriminalität ein - woran liegt es, dass Politik und Behörden bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität hinterherhinken und die dahinter liegenden Strukturen kaum zu durchschauen sind?

Fabio de Masi: Deutschland ist nach wie vor ein Geldwäsche-Paradies – insbesondere im Immobiliensektor. Es fehlt an Transparenz der Eigentümer von Briefkastenfirmen und an kriminalistisch geschulten Personal bei der Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls, sowie in den Bundesländern. Dort sind teilweise Standesbeamte für Geldwäschebekämpfung zuständig. Wir brauchen eine Art Geldwäsche-FBI.

Deutschland ist eines der wenigen Länder auf der Welt, in dem bei fast allen Geschäften bar gezahlt werden kann. Sind Sie für die Abschaffung von Bargeld, um so Transaktionen für Behörden besser nachvollziehbar zu machen?

Nein, denn Bargeld ist sicheres Geld, das von der EZB garantiert ist und keine Datenspuren hinterlässt. Der Staat oder Banken müssen nicht jeden kleinen Einkauf sehen. Aber es braucht Obergrenzen für Barzahlungen wie in Frankreich oder Italien. Dass man ein Haus mit Bargeld bezahlen kann, ist absurd.

Die Financial Intelligence Unit (FIU) ist für die Auswertung von Verdachtsmeldungen zuständig. Seit 2017 ist die FIU beim Zoll angesiedelt. Wie erfolgreich ist die Abteilung?

Die Ansiedlung der FIU beim Zoll war ein Flop. Die FIU soll für die Landeskriminalämter Verdachtsmeldungen filtern. Die müssen aber häufig alles neu machen, weil die Analysen schlecht sind. Zeitweise wurden Meldungen händisch durch Arbeitslose von Fax-Geräten übertragen. Meldungen zum Verdacht auf Terrorfinanzierung blieben liegen, bis das Geld nicht mehr eingefroren werden konnte. (...)

Wenn man sich mit der Geldwäschebekämpfung in Deutschland auseinandersetzt, bekommt man den Eindruck, dass sich ein Land wie Hamburg gar nicht groß darum bemüht, Geldwäsche stärker zu bekämpfen. Dabei gehen dem Staat durch Geldwäsche Auswertungen zufolge jährlich über 100 Milliarden Euro verloren. Trügt der Schein?

Ja, auch Hamburg braucht eine bessere Geldwäscheaufsicht im Immobiliensektor. Das lohnt sich auch finanziell für das Land. Beim Steuervollzug bringt ein Steuerprüfer im Jahr circa eine Million Euro mehr in die Staatskasse. Zwar argumentieren ja die Länder häufig, dass höhere Einnahmen durch mehr Personal in den Länderfinanzausgleich fließen und dann nicht genug in Hamburg bleibt. Wenn es aber um Strafverfahren geht, fließt das in den Justizetat und Hamburg kann die Einnahmen behalten. Auch so lohnt sich die Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerbetrug. Das sehen wir ja am Fall der Warburg Bank und den Cum-Ex Geschäften. (...)"

Das ganze Interview finden Sie auf Mopo.de