FAZ: Das sind die Lehren aus dem Untersuchungsausschuss

Ein Gastbeitrag von Danyal Bayaz, Fabio De Masi und Florian Toncar

24.04.2021

FAZ: Das sind die Lehren aus dem Untersuchungsausschuss

 

"Die Pleite des Dax-Konzerns Wirecard ist der größte Finanzskandal der deutschen Geschichte. Was muss passieren, damit so etwas nicht noch mal passiert? Ein Gastbeitrag.

Wirecard galt als deutsche Antwort auf das Silicon Valley. Sie endete als größter Finanzskandal der Bundesrepublik. Ein Start-up aus dem Industriegebiet Aschheim bei München wird zum Dax-Konzern mit einem Börsenwert von über 20 Milliarden Euro, die dahinschmolzen. Damit leider auch die Lebensersparnisse vieler Anlegerinnen und Anleger. Er hätte einen solchen Skandal "überall erwartet, nur nicht in Deutschland", erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wenige Tage nach der Insolvenz des Unternehmens. Diese Einschätzung war angesichts des Diesel-Skandals oder des Steuerbetrugs durch Cum-Ex-Geschäfte schon damals befremdlich.

Doch zehn Monate später und nach mehr als siebzig Zeugenbefragungen im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestages erscheint Altmaiers Äußerung geradezu absurd. Denn dieser Skandal ist kein Betriebsunfall. Es war eine Mischung aus industriepolitischer Abstiegsangst, stümperhafter Aufsicht und einem Amigo-System ehemaliger Unionspolitiker, die sich ihre politischen Kontakte versilbern ließen, die direkt ins Fiasko führte. (...)
 

Der Bundestag hat mit dem Untersuchungsausschuss im Fall Wirecard positive Maßstäbe gesetzt, obwohl ihm angesichts der Kürze der Zeit wenig zugetraut wurde. Der Finanzminister wollte den Ausschuss nicht. Die "taz" nannte das Gremium "überflüssig". Dabei hat wohl kaum ein Untersuchungsausschuss des Bundestages in so kurzer Zeit und in zahlreichen Nachtsitzungen so viele neue Details ans Licht der Welt gezerrt.

Erst unter dem massiven öffentlichen Druck, der sich durch die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses aufbaute, entschloss sich Olaf Scholz zum überfälligen Austausch der Bafin-Spitze. Auch der Chef der Wirtschaftsprüferaufsicht APAS, der Präsident der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung und der Chef von EY Deutschland mussten ihre Posten räumen. Die involvierten Kabinettsmitglieder, insbesondere Olaf Scholz, Peter Altmaier und die Bundeskanzlerin, sind teilweise unter erheblichen öffentlichen Rechtfertigungsdruck geraten. Das alles war notwendig, um aus Fehlern zu lernen und es künftig besser zu machen. Doch in Zeiten wie diesen, in denen einige Abgeordnete sich durch Maskendeals oder Zuwendungen einer ausländischen Regierung bereichern, in denen sich das Parlament im Zuge der Pandemie zu viele wesentliche Entscheidungen aus der Hand hat nehmen lassen und in denen vier von fünf Bürgerinnen und Bürgern mit dem Corona-Krisenmanagement unzufrieden sind, geht es zugleich um mehr als um einen Finanzskandal. Es geht um das Vertrauen in die Demokratie und in ihre Leistungsfähigkeit. Dieser Untersuchungsausschuss hat dokumentiert, welche Macht das Parlament im Sinne des Gemeinwohls entfalten kann, wenn trotz unterschiedlicher Standpunkte in der Sache über Fraktionsgrenzen hinweg zusammengearbeitet wird."

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