Berliner Zeitung: Corona-Pandemie: Wer soll die Kosten der Krise tragen?

Eine Presseschau mit Fabio De Masi

13.11.2020

Berliner Zeitung: Corona-Pandemie: Wer soll die Kosten der Krise tragen?

 

"Der sonst so trübe November ist der Monat der guten Nachrichten, so frohlockte der sonst so mürrische Olaf Scholz (SPD). Am Mittwoch hatten die Wirtschafts-Sachverständigen der Bundesregierung eine konjunkturelle Erholung prophezeit. Am Donnerstag präsentierte nun der Bundesfinanzminister die Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung. Seine Botschaft: Der Bundeshaushalt wird zumindest nicht noch ärger gerupft als ohnehin absehbar war. „Wir sehen positive Zeichen“, sagte er. Selbst die coronabedingten Schließungen im November scheinen Staat und Wirtschaft nicht zu überfordern. (...)

Teuer genug wird die Corona-Pandemie trotzdem. Erst 2022 erreichen die Staatseinnahmen wieder das Niveau von 2019. Und die Bundesrepublik wird dann voraussichtlich mit rund 300 Milliarden Euro mehr verschuldet sein als vor der Krise. Wie soll der Staat diese Schulden in der Zukunft wieder abtragen? Muss er das überhaupt? Und wer trägt diese Last? Vier Szenarien. (...)

Linke Politiker und Ökonomen interessieren sich derzeit besonders für das Jahr 1952. Damals beschloss die junge, CDU-geführte Bundesrepublik eine Maßnahme, die bei heutigen Unionspolitikern Schnappatmung auslösen würde: den Lastenausgleich, eine Vermögensabgabe. Die Hälfte ihres Besitzes sollten Vermögende abgeben, um unter anderem Kriegsheimkehrer und Vertriebene zu entlasten. Dass die Reichen darüber nicht verelendeten, dafür sorgte die Konzeption der Abgabe. Sie war nicht auf einmal, sondern über 30 Jahre gestreckt in vierteljährlichen Raten zu leisten. Und der Stichtag für die Bemessung war die Einführung der D-Mark in den Westzonen, der 21. Juni 1948. Durch das Wirtschaftswachstum mehrten sich die Vermögen in der folgenden Zeit viel schneller, als der Staat sie abschöpfen konnte.

Auch heute noch wäre das Konzept anwendbar, meint die Linke. Sie hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung mit einer Studie zum Thema beauftragt. Ergebnis: 20 bis 30 Milliarden Euro pro Jahr könnte der Staat einnehmen, belastet würden je nach Ausgestaltung höchstens zwei Prozent der Bevölkerung. Mit den Einnahmen möchte Linke-Fraktionsvize Fabio de Masi freilich keine Schulden zurückzahlen, sondern öffentliche Investitionen anschieben. (...)"