VoxEurope: Eine einzigartige Gelegenheit für Steuergerechtigkeit in Europa

Ein Beitrag von Manon Bouju, Anne-Laure Delatte, Stéphanie Hennette-Vauchez, Thomas Piketty, Guillaume Sacriste und Antoine Vauchez.

24.02.2020

VoxEurope: Eine einzigartige Gelegenheit für Steuergerechtigkeit in Europa

"Anlässlich der 3. Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung wurde die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Steuergerechtigkeit diskutiert. Dies könnte ein mächtiger Hebel sein, um die steuerliche Sperre der EU zu umgehen, und mehr steuerliche und soziale Gerechtigkeit in Europa zu erreichen.  

Am 5. und 6. Februar 2020 fand in Straßburg im Plenarsaal des Europäischen Parlaments die dritte Sitzung der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung statt. Dieser Ort besitzt eine besondere symbolische Aussagekraft, denn, wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble betonte, muss die neue Versammlung über ihre bilaterale Dimension hinaus einen tatsächlichen Vorbildcharakter für die gesamte Europäische Union haben.

Diese aus 50 französischen und 50 deutschen Parlamentariern bestehende Versammlung wurde geschaffen, um die Zusammenarbeit zwischen den beiden größten Staaten der Europäischen Union zu institutionalisieren. So wurde sie zum parlamentarischen Pendant des durch den Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 eingerichteten deutsch-französischen Ministerrats. Sie muss die Anwendung des Vertrags von 1963 sicherstellen, sowie jene des am 22. Januar 2019 von Emmanuel Macron und Angela Merkel unterzeichneten deutsch-französischen Kooperations-Vertrags von Aachen.

In Artikel 1 dieses Vertrages heißt es: „Beide Staaten vertiefen ihre Zusammenarbeit in der Europapolitik […] und wirken auf eine wettbewerbsfähige, sich auf eine starke industrielle Basis stützende Union [hin], als Grundlage für Wohlstand. [Sie] fördern die wirtschaftliche, steuerliche und soziale Konvergenz sowie die Nachhaltigkeit in allen ihren Dimensionen.“

Diese rhetorische Figur hat sich bei den Verfassern der Europäischen Verträge gut etabliert: „Wettbewerbsfähigkeit“. Zunächst, „wirtschaftliche, steuerliche und soziale Konvergenz und Nachhaltigkeit“. Anschließend die Reihenfolge der Prioritäten der Union seit dem Vertrag von Maastricht. Dies ist zweifellos der Grund dafür, warum das Projekt, das dieser Versammlung spontan am meisten am Herzen zu liegen scheint, in der Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur „Harmonisierung des französischen und deutschen Wirtschafts- und Insolvenzrechts“ bestand, um „die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften angesichts des zunehmenden Wettbewerbs auf globaler Ebene zu verbessern“. Gleichzeitig hatte die Einrichtung von Arbeitsgruppen zur steuerlichen und sozialen Harmonisierung zwischen Frankreich und Deutschland, die insbesondere von Fabio de Masi (Die Linke) und Danièle Obono (La France Insoumise) unterstützt wurde, leider keine Mehrheit erhalten. (...)"