»Ein Roman kann wahrer sein als die Wirklichkeit«

Interview Spiegel mit Benjamin Stuckrad-Barre

21.04.2023
Benjamin von Stuckrad-Barre beim Gala Screening des Kinofilms Babylon - Rausch der Ekstase im Delphi Filmpalast. Berlin,

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SPIEGEL: Was macht diesen Typus aus, der Sie interessiert?

Stuckrad-Barre: Was mich beim Schreiben dieses Buches besonders interessiert hat, ist Macht und das Magnetfeld um sie herum. Macht und Geld – beides sind Herausforderungen für den Charakter. Sich so was genau anzuschauen, ist Grundaufgabe eines Schriftstellers oder des Künstlers überhaupt. Was löst Macht bei demjenigen aus, der sie verliehen bekommt oder sich nimmt. Und bei denjenigen, die ihn umgeben. Da gibt es Abhängigkeiten, Neider, diejenigen, die vor der Macht Angst haben.

SPIEGEL: Und diejenigen, die sie attraktiv finden.

Stuckrad-Barre: Ja, natürlich. Jeder Mensch, auch der sogenannte Icherzähler. Ich habe mich zur Vorbereitung viel mit Tyrannentypen beschäftigt, ich verfolge geradezu obsessiv den Niedergang Trumps. Ebenso wie die öffentlich gewordene Korrespondenz aus dem Umfeld von Sebastian Kurz. Und ich habe tagelang mit Fabio De Masi gesprochen, der als Linkenpolitiker im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Wirecard saß. Ich musste das genauestmöglich erfassen – wie sprechen solche Leute, wie denken die, wie leben die? Wie sagen die nichts?