Überwachung: Bundesbehörde in Kontakt mit "Intellexa"

27.01.2023

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Umfangreiche Berichterstattung dazu auch bei DIE WELT

Nachdem in mehreren EU-Staaten kommerzielle Späh- und Überwachungssoftware zum Einsatz gegen Oppositionelle gekommen sein soll, beschäftigt sich seit März vergangenen Jahres ein Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments mit dem Thema. In Griechenland wurde eine parlamentarische Untersuchung eingeleitet, nachdem bekannt wurde, dass auf Anordnung des konservativen Regierungschefs mehrere Politiker und Journalisten mit der Spähsoftware "Predator" überwacht und ausgespäht worden sein sollen. Die griechischen Ermittler haben in den vergangenen Wochen in diesem Zusammenhang zahlreiche Büros durchsucht, vergangene Woche gab es eine erste Verhaftung.

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Sensibler Bereich der Sicherheitsbehörden

Ob Software von "Intellexa" oder deren Tochterunternehmen von deutschen Sicherheitsbehörden verwendet wird, ist auch Gegenstand einer aktuellen Anfrage der Linkspartei an die Bundesregierung. Die Antworten liegen jetzt dem SWR und der "WELT" vor. Die meisten Fragen bleiben unter Verweis aufs Staatswohl unbeantwortet. Selbst in eingestufter Form, also unter Wahrung der Vertraulichkeit, verweigert die Bundesregierung Antworten. Diese "würden die Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der betroffenen Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden sowie Nachrichtendienste erheblich gefährden".

Aber einen Kontakt zu Dilians Firmen räumt die Bundesregierung doch ein: "Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben hinsichtlich der Weiterentwicklung von Cyberfähigkeiten im Bereich der informationstechnischen Überwachung steht die ZITiS seit 2021 mit Vertretern des Unternehmens 'Intellexa' bzw. deren Tochterunternehmen CYTROX in Kontakt, um im Rahmen einer Marktsichtung Informationen über das Portfolio des Unternehmens zu erhalten. Dies beinhaltet ebenso eine Beschäftigung mit den von dem Unternehmen angebotenen Produkten und Leistungen." Die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich ZITiS hat die Aufgabe, Bundesbehörden in Fragen der Digitalen Forensik, Telekommunikationsüberwachung und Kryptoanalysen zu unterstützen.

Ehemaliger Geheimdienstkoordinator als Lobbyist?

Nun zeigen Recherchen des SWR und "WELT", dass sich der frühere Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer offenbar als Lobbyist und Türöffner für "Intellexa" bei Bundesbehörden betätigt hat. Der ehemalige CDU-Politiker geriet zuletzt nach der Wirecard-Pleite in die Schlagzeilen. Informationen, die SWR und "WELT" vorliegen, zeigen, dass Schmidbauer nach seinem von Abgeordneten als "bizarr" bezeichneten Auftritt im Bundestag im August 2021 ins Kanzleramt zitiert wurde. Mit Blick auf die Berichterstattung erinnerte man ihn dort an seine weiterhin bestehenden Verschwiegenheitspflichten.

"Ich finde es bemerkenswert, wie Herrn Schmidbauer weiterhin die Türen bei Sicherheitsbehörden offenstehen", sagt Fabio de Masi, der sich als Bundestagsabgeordneter intensiv mit der Wirecard-Affäre und Schmidbauer auseinandergesetzt hat, zu den Recherchen von "WELT" und SWR. "Wenn Herr Schmidbauer unseren Sicherheitsbehörden eine Cyberhackingfirma zugeführt hat, die gegen Oppositionspolitiker und Journalisten in Griechenland eingesetzt wurde, ist Gefahr für die Demokratie in Verzug. Sollten sich ähnliche Vorgänge in Deutschland erhärten, wäre das ein schwerwiegender Verfassungsbruch und müsste strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen."