Schuldenbremse - Die dümmste Regel Deutschlands

Kolumne in Berliner Zeitung

24.09.2022

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Die Regierung könnte ohne Schuldenbremse die Wirtschaft stabilisieren, auf die Gas-Umlage verzichten und strauchelnde Unterenehmen stützen. So aber riskiert sie eine Pleitewelle.

Was der katholischen Kirche die unbefleckte Empfängnis, ist den Hobby-Ökonomen in deutschen Talkshows die Schuldenbremse. Sie ist die dümmste Regel Deutschlands. Sie bremst im Zweifel nur Investitionen und Wirtschaft, aber nicht die Schulden. Und das fast vollständige Kreditverbot der Schuldenbremse muss – wie in der Corona-Krise – immer wieder ausgesetzt werden. So wird es auch in der Gas-Krise kommen. Denn die Ampel-Koalition will auf eine Steuer für die Extra-Profite der Energiekonzerne verzichten, die etliche Milliarden in die Staatskasse spülen könnte. Gleichwohl hält man in Berlin bis zur letzten Minute an Deutschlands Märchen-Regel fest. Selbst der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat nach zwei Maß auf dem Oktoberfest einen nüchternern Blick auf die Schuldenbremse als die Ampel-Koalition und fordert deren Aussetzung.

Die Weigerung, frühzeitig eine außergewöhnliche Notlage zu erklären, die ein Aussetzen des Kreditverbots der Schuldenbremse rechtfertigt, hat fatale Folgen. Man kann vortrefflich darüber streiten, ob die Eskalationsspirale bei den Russland-Sanktionen klug ist oder Putin ohnehin am Gashahn gedreht hätte. Aber sicher ist: Die Bundesregierung könnte ohne Schuldenbremse die wirtschaftlichen Erwartungen stabilisieren und strauchelnde Gas-Importeure wie Uniper im stärkeren Umfang durch Kredite und Bürgschaften stützen, statt mit der Gas-Umlage eine Pleitewelle bei Betrieben zu riskieren. Und auch gezielte Unternehmenshilfen sind mit der Schuldenbremse nicht machbar.

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