BR: Was der Wirecard-Untersuchungsausschuss gebracht hat

Eine Presseschau mit Fabio De Masi

11.07.2021

BR: Was der Wirecard-Untersuchungsausschuss gebracht hat

 

"2.000 Seiten dick, voll mit Vorwürfen gegen Behörden und vor allem Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Scholz: der Abschlussbericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses. Warum war der Opposition der Ausschuss so wichtig und was hat er bewirkt? (...)

Wenn er 60 Jahre alt wäre, dann, so sagt Fabio de Masi rückblickend mit Galgenhumor, hätte er es nicht durchgehalten. Denn seine Arbeit im Untersuchungsausschuss sei "hochgradig ungesund" gewesen.

Über neun Monate hinweg bis Ende Juni ackerten er und seine Mitstreiter Berge von Aktenmaterial durch und hörten viele Zeugen. Oft kamen sie erst um vier Uhr morgens aus einer Ausschuss-Sitzung. Verspannter Rücken und Nackenschmerzen waren eine der Folgen. Der Abgeordnete und Finanzexperte der Linken hat deshalb während seiner Zeit im Ausschuss bewusst angefangen durch Berlin-Mitte zu joggen. 

De Masi teilt mit Florian Toncar von der FDP die feste Überzeugung, dass die Rolle der deutschen Behörden und die Verantwortung der Bundesregierung im Wirecard-Skandal in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss beleuchtet werden musste. Obwohl die beiden Fraktionen angehören, die inhaltlich denkbar weit auseinander stehen, sind sich die Abgeordneten Toncar und De Masi in vielem erstaunlich einig. Vor allem darin, dass es die wichtigste Aufgabe der Opposition im Bundestag ist, die Bundesregierung zu kontrollieren und ihr schärfstes Schwert ist nun mal ein Untersuchungsausschuss. (...)

Zusammen mit Danyal Bayaz von den Grünen, ebenfalls Finanzexperte seiner Partei, bildeten De Masi und Toncar dann die sogenannte "Wircard-Troika", die sich durch ihre gründliche und sachkundige Arbeit viel Respekt verschaffte. (...)

Frage also: Hat sich der Untersuchungsausschuss gelohnt? Die Initiatoren des Ausschusses sind sich nach der Übergabe des Abschlussberichtes an den Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble Ende Juni einig: Ja, jeden Fall. Fabio de Masi führt es so aus: "Gemessen an dem, was ein Untersuchungsausschuss leisten kann, haben wir, sehr viel erreicht. Die Regierung hat das Thema nicht mehr wegbekommen aus der Öffentlichkeit. Wir haben immer wieder neue Sachen ausgegraben." 

De Masi, der sich nicht mehr zur Wahl für den neuen Bundestag stellt und die menschliche Nähe zu seinen Ausschuss-Kollegen von den anderen Fraktionen schätzen gelernt hat, sagt allerdings auch: "Wir sind kein Gericht, es wäre falsch, wenn Politiker Urteile sprechen würden, aber wir machen so eine Art öffentliche Tatortbegehung, damit sich die Bevölkerung ein Bild machen kann. Herrn Scholz hat es sicherlich keinen Spaß gemacht.""