T-Online: "Ich würde Andi Scheuer nicht mal zum Kaffeekochen einstellen"

Ein Interview mit Fabio De Masi

06.04.2021

T-Online: "Ich würde Andi Scheuer nicht mal zum Kaffeekochen einstellen"

 

"Der Linken-Politiker Fabio de Masi ist über Parteigrenzen hinweg als Finanzexperte und Korruptionsaufklärer angesehen. Bald verlässt er den Bundestag. Mit einigen Kollegen geht er hart ins Gericht. (...)

t-online: Herr de Masi, Sie sind der Finanzexperte der Linksfraktion im Bundestag, also mit kompliziertesten Themen vertraut. Jetzt treten sie nicht wieder an. Wird man Sie also bald in einem Aufsichtsrat wiedersehen?

Fabio de Masi: Nein, ich lege auch an mich strenge Maßstäbe an. Ein Unternehmen, mit dem ein enger Kontakt in der Politik bestand – das macht man nicht. Etwas anderes wäre eine ehrenamtliche Tätigkeit, von der ich keinen finanziellen Vorteil habe. Oder wenn ich für einen Fußballclub tätig würde, aber nie im Sportausschuss saß oder andere wichtige Entscheidungen für diesen Verein getroffen hätte.

Es soll nicht generell verboten werden, sich in einem Bereich zu engagieren, wo man sich auskennt. Wir brauchen aber klare Regeln, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Dazu zählen auch hinreichende Abkühlphasen für ehemalige Politiker, die in der Privatwirtschaft tätig werden. 

Welche Maßstäbe sind es denn, die Sie an sich und andere anlegen?

Ich besitze etwa keine Aktien. Nicht weil ich gegen Aktienbesitz bin. Aber Abgeordnete wie ich erhalten Insider-Informationen. Und für Abgeordnete und Mitarbeiter von Ministerien gibt es keine hinreichenden Regeln, Insider-Handel zu unterbinden.

Also müssten Abgeordnete aus Ihrer Sicht auch Aktienbesitz offenlegen?

Ja, Abgeordnete müssen derzeit nur größere Unternehmensbeteiligungen anzeigen. Sie dürfen sogar Spenden von Dritten annehmen. Der Bundestag wird unter anderem deswegen immer wieder vom Europarat gerügt. (...)

Nebentätigkeiten, Unternehmensbeteiligungen, Aktienbesitz – Sie verurteilen das nicht generell?

Nein, das komplett zu untersagen, wäre ein Berufsverbot. Anwälte haben Mandanten, ein Pilot braucht Flugstunden, ein Gewerkschafter den Kontakt in die Betriebe. Wir wollen ja keine Leute im Parlament, die keine Ahnung von der Berufswelt haben oder nur solche, die reich geerbt haben.

Die Diät als Abgeordneter darf aber nicht das Taschengeld obendrauf sein. Nebeneinkünfte sollten auf Heller und Cent offengelegt werden. Derzeit sind Abgeordnete eine Black Box! (...)

Wäre Ihre Idealvorstellung also der gläserne Abgeordnete?

Auch Abgeordnete haben natürlich Anspruch auf Privatsphäre. Das Ziel ist Transparenz hinsichtlich der Finanzen. Das hängt mit der besonderen Vertrauensstellung für Abgeordnete zusammen. Ich veröffentliche jedes Jahr meinen Steuerbescheid, ich halte das für eine Selbstverständlichkeit. Die Bürger sind mein Chef und haben Anspruch auf meine Loyalität. (...)

Müssen Politiker nach dem Mandat also in Rente gehen? 

Nein. Absolut nicht. Aber das Mandat und die Diäten sind ein Privileg. Neulich hat ein Pizzabote auf seinem Moped mit quietschenden Reifen gewendet, um mir für meine Arbeit zu danken. Wegen meiner Arbeit gegen Korruption, Filz und zur Aufklärung von Finanzskandalen. Das ist mir mehr wert als jede Million auf dem Konto."

Das ganze Interview finden Sie bei T-Online