Tagesschau.de: Scholz' Gesetz unter Beschuss

Eine Presseschau mit Fabio De Masi

04.09.2020

Tagesschau.de: Scholz' Gesetz unter Beschuss

"Ohne großen Ärger passierte der folgenreiche Paragraph im Juni den Deutschen Bundestag. Erst, als WDR und SZ vor wenigen Wochen über die Folgen des Gesetzes berichteten, regte sich Widerstand. Denn durch das vom Bundesfinanzministerium vorgelegte neue Gesetz dürfen verurteilte Steuerbetrüger des Cum-Ex-Skandals in vielen Fällen ihre Beute behalten. Steuererstattungen, die sich Aktienhändler, Banker und Berater mithilfe komplexer Aktienkreisgeschäfte ergaunert haben. Milliarden aus der Staatskasse, die ihnen nicht zustehen.

Das von Vizekanzler Olaf Scholz geleitete Ministerium verteidigte das umstrittene Cum-Ex-Gesetz damals mit dem in der Verfassung festgelegten Rückwirkungsverbot: Gesetze dürften nicht einfach im Nachhinein für Altfälle verändert werden. Bürger müssen immer darauf vertrauen können, dass die derzeitigen Gesetze auch in Zukunft noch gelten.

Doch gilt dieser Vertrauensschutz tatsächlich auch für verurteilte Steuerbetrüger, die Milliarden aus der Staatskasse entwendet haben? Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Fabio De Masi, hatte Zweifel und beauftragte den Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages mit einem Gutachten. Das Papier, das WDR und SZ vorliegt, stellt die Sicht des Finanzministeriums in Frage. (...)

De Masi, der einst selbst für den Cum-Ex-Paragraphen abgestimmt hat, fühlt sich getäuscht. "Das Bundesfinanzministerium hat uns selbst auf Nachfrage versichert, das Rückwirkungsverbot sei verfassungsrechtlich erforderlich. Nun bestätigt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages, dass der Paragraph, der Altfälle endgültig der Vermögensabschöpfung entzieht, nicht zwingend erforderlich war."

Der finanzpolitische Sprecher der Linken legt jetzt einen eigenen Gesetzesvorschlag vor, mit dem er die zeitliche Begrenzung auf neue Fälle aufheben will. "Es wäre ein Skandal, wenn der Bundestag nicht korrigieren würde, dass ohne Not bei Banken auf die Abschöpfung von Milliarden krimineller Cum-Ex-Erträge verzichtet werde." (...)"