Neues Deutschland: Wirecard-Aufklärung kommt nicht voran

Eine Presseschau mit Fabio De Masi

31.07.2020

Neues Deutschland: Wirecard-Aufklärung kommt nicht voran

 

Nach der Befragung von Finanz- und Wirtschaftsminister rückt ein Untersuchungsausschuss näher (...)

Die Opposition ist weiter unzufrieden: »Die wirklich spannenden Fragen bleiben unbeantwortet«, so der Linke-Finanzexperte Fabio De Masi, der sich am längsten und intensivsten mit den Vorgängen um die Finanzfirma beschäftigt hat. Was er wissen will: Warum wurde die Finanzfirma als Technologiekonzern eingestuft mit der Folge, dass die Finanzaufsicht keine richtigen Kompetenzen hatte? Warum wurde trotz vieler Sonderprüfungen nicht erkannt, dass die Wirecard-Bank mithilfe unbesicherter Kreditvergabe aus dem Konzern heraus gesteuert wurde? Wie ging die für Geldwäschebekämpfung zuständige Zentralstelle beim Zoll mit diesbezüglichen Verdachtsmeldungen um? Für De Masi ist der Fall Wirecard mehr als der Bilanzfälschungsskandal, der die Staatsanwaltschaft gerade beschäftigt und fast die gesamte Führung des Dax-Konzerns hinter Gittern gebracht hat.

Beide Minister wollen andere Fragen noch beantworten, vermutlich im August bei einer weiteren Sondersitzung des Finanzausschusses. Die Opposition will dann auch Vertreter des Kanzleramts befragen. Für De Masi ist der Komplex aber zu umfangreich für dieses Gremium - einen Untersuchungsausschuss hält er für unausweichlich. Auch weil dies den Vorteil der Akteneinsicht hätte, die bisher verwehrt wurde. (...)

Doch warum legte Scholz diesen Elan nicht schon viel früher an den Tag? Im Februar 2019 wurde der Minister darüber unterrichtet, dass die Finanzaufsicht Bafin den Fall untersuche. Dennoch gab es zahlreiche Kontakte von Wirecard-Vertretern oder -Beratern mit dem Finanzministerium oder auf Arbeitsebene mit dem Kanzleramt, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Dokumente wurden dazu aber nicht vorgelegt. Auch über den Inhalt wurde kaum etwas mitgeteilt - teils aus Gründen der diplomatischen Vertraulichkeit, teils mit dem Hinweis, dass der Inhalt solcher Gespräche nicht protokolliert werde. Noch etwas ärgert Linke-Fraktionsvize Fabio De Masi: »Ich finde es nicht zufriedenstellend, dass das Finanzministerium noch Mitte 2019 für Wirecard in China geworben hat.«"