Handelsblatt: Cum-Ex-Skandal

Olaf Scholz muss sich für den Hamburger Cum-Ex-Skandal rechtfertigen. Zugleich plant er neue Gesetze gegen Steuerhinterziehung. Experten zweifeln aber an deren Wirksamkeit. Eine Presseschau mit Fabio De Masi.

09.06.2020

Finanzminister Scholz tritt im Kampf gegen Steuerhinterzieher die Flucht nach vorne an 

"Am 2. Juni schrieb Fabio de Masi eine E-Mail an seine Kollegen im Bundestags-Finanzausschuss. Er freue sich, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sich nun am 17. Juni vom Bundestag zum Hamburger Cum-Ex-Steuerskandal befragen lassen wolle. Doch der geplante Sitzungsablauf ginge so gar nicht, schrieb der Finanzpolitiker der Linkspartei.

„Wenn man die üblichen Begrüßungsrituale und Vorbemerkungen abzieht, ist es bei einer Befragungszeit von 50 Minuten denkbar, dass weder meine Fraktion noch die Grünen überhaupt zur Möglichkeit kommen, Fragen zu stellen. Das ist für mich nicht akzeptabel“, so de Masi. Schon Anfang März habe sich Scholz bei einer Befragung zu dem Thema mit langen Ausschweifungen aus der Affäre gezogen.

Das will de Masi nicht noch einmal zulassen. Der Finanzminister solle deshalb auf ein längeres Eingangsstatement verzichten. Die Anhörung wird zudem als „geheim“ eingestuft, nichts darf nach außen dringen. Das soll verhindern, dass Scholz Aussagen wieder mit Verweis auf das Steuergeheimnis verweigert. 

Die Finanzpolitiker im Bundestag wollen Scholz' Rolle im Hamburger Cum-Ex-Skandal um die Privatbank M.M. Warburg aufklären. Die Hamburger Finanzverwaltung hatte lange Jahre gezögert, mutmaßlich zu Unrecht an die Warburg Bank ausgeschüttete Steuergelder zurückzufordern. Scholz war in dieser Phase Hamburger Bürgermeister. (...)

Sitzung soll am 1. Juli stattfinden

Um M.M. Warburg wird es auch in der angesetzten Anhörung im Finanzausschuss mit Scholz gehen. „Olaf Scholz muss beantworten, warum er sich als Hamburger Bürgermeister laut Warburg-Bankier Christian Olearius bei einem Treffen die Sichtweise von Warburg auf die Cum Ex Deals zu eigen gemacht hat“, fordert Linkspartei-Finanzpolitiker de Masi.

Scholz habe sich damals nach Anweisung des Bundesfinanzministeriums, keine Steuergelder verjähren zu lassen, im laufenden Ermittlungsverfahren mit Olearius getroffen, gegen den persönlich ermittelt wurde. „Der Cum-Ex-Richter am Bonner Landgericht sagte ganz klar, Warburg habe kriminelle Geschäfte gemacht“, so de Masi. „Warum war für Gerichte ersichtlich, dass Warburg Cum-Ex macht, aber nicht für die Finanzbehörde Hamburg?“, so de Masi.

Die Begründung eines Prozesskostenrisikos für Hamburg überzeuge nicht, da es zunächst gereicht hätte, die Verjährung zu hemmen. Scholz hatte in einer ersten Anhörung im Bundestag Anfang März gesagt, die Hamburger Behörden blieben untätig, weil man das Risiko eines Rechtsstreits mit Warburg nicht tragen wollte.

Für die Vorbereitung auf die neue Anhörung hat der in der Coronakrise extrem geforderte Scholz nun noch ein paar Tage mehr Zeit bekommen. Am Dienstag wurde der Termin noch einmal verschoben. Die Sitzung soll jetzt am 1. Juli stattfinden."