Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerraubs

17.01.2019

Auswertung der Antwort der Bundesregierung (PDF) vom 14. Januar 2019 auf die Kleine Anfrage "Cum-Ex: Internationale Aspekte und juristische Aufarbeitung" von Fabio De Masi u.a. und der Fraktionen DIE LINKE. und Bündnis 90/Die Grünen.

 

Zusammenfassung:

Cum-Ex und vergleichbare Geschäfte wie Cum-Cum haben in Deutschland einen mutmaßlich signifikanten Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe verursacht. Schätzungen für den Schaden in mehreren EU-Staaten sprechen von 55 Milliarden Euro. Bei diesen steuergetriebenen Geschäften erwirken Banken, Investoren und Händler durch komplexe Konstruktionen die widerrechtliche mehrmalige Erstattung nur einmal gezahlter Kapitalertragsteuern oder die Erstattung von Steuern, für die eigentlich keine Erstattungsberechtigung vorliegt. Profite entstehen so ausschließlich aus Steuern, die die Allgemeinheit bezahlt hat.

Die Kleine Anfrage erfragt anlässlich der Veröffentlichung der Cum-Ex-Files im Oktober 2018 Daten zu der (juristischen) Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals in Deutschland, zur Handlungsfähigkeit der Behörden, steuergetriebene Geschäfte in Zukunft zu unterbinden und zur internationalen Dimension des Skandals. Bei letzterer spielt der Informationsaustausch in Steuersachen eine entscheidende Rolle. Hier hätte Deutschland mutmaßlich Partnerländer in der EU früher warnen können, um Geschäfte dort frühzeitig zu unterbinden und Steuerschäden zu minimieren.

Die im November 2018 medial bekannt gewordenen Geschäfte mit American Depositary Receipts (ADR) stellen die von der Bundesregierung vertretene Schlussfolgerung in Frage, nach der steuergetriebene Geschäfte in Deutschland nicht mehr möglich seien. Überdies demonstrieren die Antworten auf die Kleine Anfrage die nach wie vor bestehenden Probleme bei der Finanzaufsicht (BaFin), den Finanzsektor in diesem Kontext effektiv und umfassend zu überwachen und bei Fehlverhalten entschieden Sanktionsmaßnahmen zu ergreifen. Auch die proaktive internationale Kooperation der Bundesregierung erscheint mangelhaft. Ermittlungsverfahren in Deutschland laufen in vielen Fällen auf Länderebene, aber die Bundesregierung verfügt über keine aktuellen Daten zur Aufarbeitung des mutmaßlich größten Steuerskandals der deutschen Geschichte.

Dazu erklärt Fabio De Masi, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag:

"Die Antworten bestätigen die Befürchtungen der Cum-Ex-Files. Die Bundesregierung hat jahrelang dabei zugesehen, wie Gangster in Nadelstreifen die Kassen in Europa plünderten. Deutschland informierte Partner wie Dänemark initiativ erst 2016, obwohl die Cum-Ex-Geschäfte hier seit Jahren bekannt waren. Zu Cum-Cum wurde bis heute nicht informiert, obwohl der Schaden mutmaßlich noch höher liegt, als bei Cum-Ex. So entsteht eine Mitschuld für den größten Steuerraub Europas. Wir müssen dringend zu einer neuen Kultur des Informationsaustauschs zwischen den Finanzbehörden kommen, innerhalb Deutschlands genauso wie zwischen den europäischen Partnern. Die BaFin braucht überdies endlich die technischen und personellen Ressourcen sowie ein Ende des Kuschelkurses mit der Finanzbranche, um Handelsgeschäfte zu überwachen und auszuwerten Finanzskandale wie Cum-Ex zukünftig frühzeitig in einer Task-Force mit Steuerbehörden gegen Finanzkriminalität zu verhindern."

Ergebnisse im Einzelnen (PDF)

Mehr zum CumEx-Skandal im Dossier »Die Geschichte eines organisierten Steuerraubs«

Die Zeit berichtete am 17. Januar 2019 über unsere Kleine Anfrage: Bundesregierung überwacht Aktienhandel nicht auf verdächtige Geschäfte