Süddeutsche Zeitung: Eine kleine Revolution

Eine Presseschau mit Fabio De Masi

25.03.2019

Süddeutsche Zeitung: Eine kleine Revolution

"Am Montag ist zum ersten Mal die deutsch-französische parlamentarische Versammlung zusammengetreten. Sie soll das Verhältnis zwischen beiden Ländern nachhaltig prägen.

Manchmal kommt die Freundschaft zwischen Paris und Berlin pompös daher, manchmal eher unauffällig. Als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel im Januar den Aachener Vertrag unterzeichneten, saßen sie auf einer Bühne an einem golden verzierten Schreibtisch neben einem ausladenden Blumenbouquet. Die Unterzeichnung des deutsch-französischen Parlamentsabkommens findet in deutlich bescheidenerem Rahmen statt. Man muss in Paris' Repräsentationsgebäuden lange suchen, bis man Räume findet, die so funktional und schmucklos sind wie der Saal, in dem an diesem Montag zum ersten Mal die deutsch-französische parlamentarische Versammlung zusammenkommt. Doch der Eindruck täuscht: Diese Sitzung steht nicht für graue Bürokratie, sondern für eine kleine Revolution im Verhältnis der Nachbarländer. (...)

Parlamentstypisch authentisch wird in dieser ersten deutsch-französischen Versammlung auch direkt gestritten. Der deutsche AfD-Abgeordnete Norbert Kleinwächter nutzt seine Redezeit, um sich einerseits als großer Frankreich-Fan, andererseits als großer Europa-Kritiker zu inszenieren. Er hätte sich "nie träumen lassen, irgendwann mal in diesen heiligen Hallen hier zu sitzen, um zu kritisieren", so Kleinwächter. Michael Georg Link von der FDP kommentiert, der AfD-Mann sei wohl "1919 hängen geblieben". Und Fabio De Masi von der Linken betont, wie kritisch seine Fraktion die deutsch-französische Annäherung in Verteidigungsfragen sehe. Man werde sich noch "viel streiten", so De Masi, nur eben nicht entlang nationaler Linien, sondern "entlang von Ideen". Auf französischer Seite ist die Einigkeit an diesem Tag größer: Der Rassemblement national von Marine Le Pen ist in der Nationalversammlung nicht in Fraktionsstärke vertreten, die Angriffe auf die Europäische Union bleiben aus."