Handelsblatt: Dispozinsen verärgern Bankkunden – Die Politik will Abhilfe schaffen

Eine Presseschau mit Fabio De Masi

16.02.2019

Handelsblatt: Dispozinsen verärgern Bankkunden – Die Politik will Abhilfe schaffen

"Die Linken fordern eine Deckelung von Dispozinsen, SPD und Grüne sind einverstanden. Doch die Union zieht nicht mit. Sie setzt auf Vergleichsportale.

Der Vizefraktionschef der Linken im Bundestag, Fabio De Masi, kam im Bundestag bei der Debatte über einen Antrag seiner Partei ohne Umschweife zur Sache: „Wenn man auf dem Konto ins Minus rutscht, dann drohen horrende Dispozinsen der Banken. Auf diese Dispoabzocke muss der Deckel drauf“, forderte er.

Durchschnittlich verlangen in Deutschland tätige Banken rund acht Prozent für den Dispokredit, also für die eingeräumte Überziehung eines Kontos. Nicht wenige Banken nehmen aber auch Zinsen im zweistelligen Bereich. Die Spanne liegt der Frankfurter FMH-Finanzberatung zufolge zwischen 4,2 Prozent und 12,3 Prozent im Jahr.

Und bei vielen Banken wird es noch einmal deutlich teurer, wenn das Dispolimit überschritten wird und die Banken dann von einer „geduldeten Kontoüberziehung“ sprechen. (...)

Da Appelle an die Kreditwirtschaft nicht helfen, das Zinsniveau zu drücken, plädiert die Linke für einen Deckel bei den Dispozinsen. Sowohl der Zinssatz für die Dispo- als auch für die Überziehungskredite sollte auf maximal fünf Prozentpunkte über dem Leitzinssatz der EZB begrenzt werden – der Deckel läge also heute bei höchstens fünf Prozent.

Außerdem sollte der Gesetzgeber dafür Sorge tragen, dass durch die Deckelung Gebühren und Entgelte nicht unangemessen angehoben werden. Das soll helfen, Ausweichreaktionen der Banken möglichst im Keim zu ersticken. (...)

Aber im Gegensatz zu Linken, SPD und Grünen setzt die Union statt auf eine Preisgrenze allein auf mehr Transparenz. Hirte verweist auf das im Oktober 2018 verabschiedete Zahlungskontengesetz, das Vergleichsseiten im Internet für die Kosten von Girokonten vorsieht.

Noch gibt es sie zwar nicht, Hirte wirbt daher um Geduld: „Wir haben marktmäßige Mechanismen geschaffen, die das Problem adressieren.“ Die Wirkung dieser Vergleiche sollte man erst einmal abwarten, bevor man in Aktionismus verfalle. Zudem könnten Verbraucher heute ihr Konto leichter wechseln als früher.

Das überzeugt die Linken nicht. Mehr Kostentransparenz allein könne Zinsexzesse nicht dauerhaft korrigieren, glaubt De Masi. (...)

Für den Verbraucher ist ein Dispokredit verlockend: Er muss keinen Kreditantrag ausfüllen und braucht keine Rechenschaft über seine aktuelle Finanzsituation abzulegen. Fast jeder zweite Bankkunde nutzt den Dispo. Zwei Drittel der Disponutzer sind nach Recherchen des Kreditvergleichsportals Smava länger als einen Monat im Minus, 17 Prozent sogar dauerhaft.

Für die Linken sind diese Fakten keineswegs trivial. Denn am ehesten nutzten wahrscheinlich Arbeitslose, Alleinerziehende, Rentner und Familien mit Kindern den Dispo als Finanzierungsquelle. Die Gefahr sei groß, dass sie bei hohen Dispo‧zinsen in die Verschuldungsspirale rutschen."