„Ich würde ihm empfehlen, mit einem Geständnis reinen Tisch zu machen“

WELT AM SONNTAG

22.09.2023

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Wie sich Olearius und seine Anwälte in Bonn präsentieren, wird auch Fabio De Masi im Gerichtssaal verfolgen. Er begleitet die Cum-Ex-Ermittlungen seit Jahren, bis 2021 als Vertreter der Linken im Finanzausschuss des Bundestages, nach Abschied von Parlament und Partei als Finanzdetektiv und Autor. Das Verfahren sei „ein wichtiges Signal“, immerhin, sagt er.

Denn die juristische Aufarbeitung verlaufe teils immer noch arg stockend, in Hamburg ohnehin, aber auch in Nordrhein-Westfalen fehlten Ressourcen, um die Verantwortlichen der „koordinierten Kriminalität zulasten der Staatskasse“ angemessen zur Verantwortung zu ziehen. 

Die bereits erfolgten Verurteilungen zweier ehemaliger Warburg-Banker sind für ihn ein klares Vorzeichen für den Prozess. „Ich wage die Prognose, dass die Verteidigung von Herrn Olearius schwer haltbar sein wird. Ich würde ihm empfehlen, mit einem Geständnis reinen Tisch zu machen“, sagt De Masi.

Aufschlüsse erhofft er sich aus dem Verfahren über die Motivation des Ex-Bankchefs, dabei denkt er weniger an die Transaktionen als an die Versuche, die Rückforderung der Steuern zu verhindern, „die Beute durch politische Einflussnahme zu sichern“, wie er es ausdrückt. 

„Die Rechtsbeugung ist noch relevanter als die fiskalische Dimension“, sagt De Masi. Für ihn hat sich Bundeskanzler Scholz mit seinen Aussagen über angebliche Erinnerungslücken und Kalendereinträge in unhaltbare Widersprüche verstrickt. Vor wenigen Wochen hat er ihn deshalb wegen uneidlicher Falschaussage angezeigt.