Ampel ist „Erntehelferin der AfD“

Ippen Media

29.01.2024

Erschienen bei Ippen Media

Fabio De Masi ist Europa-Spitzenkandidat des neuen Bündnis Sahra Wagenknecht. Im Interview spricht er über Russland, die Ukraine und seine Vision für Europa.

Berlin – Eigentlich war er schon runter von der großen Bühne. 2022 trat Fabio De Masi aus der Linken aus und verkündete das Ende seiner politischen Karriere. Auf dem ersten Parteitag des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) feiert er nun das große Comeback. De Masi hat große Ziele. Er will Ampel und AfD bekämpfen sowie große US-Firmen in die Verantwortung ziehen.

Herr De Masi, Sie haben sich aus der Politik zurückgezogen, schreiben ein Buch, sind viel beschäftigt. Wieso gerade jetzt die Rückkehr?

Deutschland steht an einem Kipppunkt. Die Ampel ist die Erntehelferin der AfD. Daher haben Sahra Wagenknecht und viele Menschen an meine politische Verantwortung appelliert. 

Verantwortung haben Sie als Gründungsmitglied auch in Sahra Wagenknechts Vorläufermodell „Aufstehen“ gehabt. Was lässt Sie glauben, dass BSW nun erfolgreicher als „Aufstehen“ wird?

Aufstehen war Glück im Unglück. Wir konnten lernen, wie man es nicht macht. Wir waren damals noch nicht bereit, eine Partei zu gründen und hatten den Zuspruch damals unterschätzt. Das ist nun völlig anders

Anders ist, dass beim BSW zunächst wenige Mitglieder aufgenommen werden, um nicht zu schnell zu wachsen. Haben Sie Angst, sich die falschen Leute ins Boot zu holen?

Wir haben schon oft erlebt, wie irgendwelche „Glücksritter“ Parteien zerlegen. Menschen können einen Antrag auf Aufnahme stellen, aber wir müssen erst gucken: Wer kommt da jetzt? Viele Menschen setzen große Hoffnung in uns. Dieser Verantwortung müssen wir gerecht werden.  

Apropos Verantwortung: Sie sprechen davon, gegen Spaltung einzustehen. BSW-Vertreterinnen und Vertreter teilen bei Auftritten aber meist nur gegen andere aus, konkrete eigene Vorschläge sind eher selten.

Es gab wohl kaum einen Finanzpolitiker im Bundestag, der so viele Vorschläge wie ich gemacht hat. Das betrifft etwa die Verhinderung des Wirecard- oder Cum-Ex Skandals oder die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Ich fordere seit vielen Jahren, die Schuldenbremse durch die sogenannte „Goldene Regel“ zu ersetzen, die Kredite für Investitionen ermöglichen würde. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), und der Beirat des Wirtschaftsministeriums haben diese Forderung nun übernommen. In unserem Europawahlprogramm finden Sie Forderungen zur Steuergerechtigkeit, bis hin zur Umrüstung von Kohlekraftwerken auf Wärmespeicherkraftwerke, vernünftiger Steuerung von Migration oder sozialem Schutz. 

Sie stehen also für Lösungsvorschläge und Ampelkritik?

In einer Rezession die Staatsausgaben zu kürzen und die Verbrauchssteuern zu erhöhen, ist eine verrückte Politik und ein Konjunkturprogramm für die AfD. Die Chefredaktion der britischen Financial Times sagt, Deutschland habe mit dieser Politik die derzeit schlechteste Performance unter den größten Wirtschaftsnationen. Die Ampel fährt Deutschland vor die Wand. Wer das nicht hart kritisiert, ist politisch überflüssig.

 

 

Kritik müssen sich auch Sie vom BSW häufig für ihre Positionen im Ukraine-Krieg anhören. Ihnen wird Populismus vorgeworfen.

In den USA wird mittlerweile offen über eine Exit-Strategie für den Krieg diskutiert. Sollte Donald Trump erneut US-Präsident werden, wird er Europa eine zerstörte Ukraine vor die Füße kehren. Dabei war ein Waffenstillstand laut ukrainischen Diplomaten bereits im März 2022 in Istanbul in greifbarer Nähe. Nun sind die Leichenberge noch höher und Putin in der Vorderhand. Die Ukraine braucht Sicherheitsgarantien. Das Heranrücken an Russland mit der NATO und Raketen müssen ebenso beendet werden. Die Kritiker des Afghanistan-Krieges sind 20 Jahre beschimpft worden. Wir hatten aber recht.

Sie treten als Spitzenkandidat für Europa und die großen politischen Fragen an. Was muss sich in der EU ändern?

Weniger ist mehr. Es braucht etwa eine Mindestbesteuerung für große Konzerne, um den Mittelstand vor den US-Big-Tech-Konzernen zu schützen. Aber man muss das auch mit Daumenschrauben, also Strafsteuern Deutschlands und Frankreichs auf Finanzflüsse in Steueroasen, durchsetzen. Aber die EU sollte nicht in jede Kommune hinein regieren oder Tariflöhne auf dem Bau aushebeln. Der Binnenmarkt dient derzeit vor allem großen Konzernen.

Sie wollen es noch mal wissen, sind zurück in der Spitzenpolitik. Was erhoffen Sie sich vom BSW?

Ich hoffe zunächst auf einen Achtungserfolg bei der Europawahl. Wir wollen den Menschen, die genug haben von dem Ampel-Desaster, eine Alternative zur CDU und AfD bieten. Beide wollen noch mehr Rüstung, noch niedrigere Löhne, Renten und Investitionen. Die AfD droht zudem Menschen, die dieses Land mit aufgebaut haben.

 

 

Dazu passende Beiträge:

Schlagwörter