Mehr als eine One Woman Show

Süddeutsche Zeitung

04.01.2024

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"De Masi wäre eine Personalie mit Strahlkraft

De Masi, 43, ist gut ein Jahr vor Sahra Wagenknecht aus der Linken ausgetreten und kandidierte bereits 2021 nicht mehr für den Bundestag. Die Linksfraktion verlor damals einen parteiübergreifend anerkannten Finanzexperten. Im Wirecard-Skandal hatte sich De Masi mit akribischer Detektivarbeit den Ruf eines Chefaufklärers erworben. Danach zog er sich, auch aus privaten Gründen, aus der Politik zurück. Aber nun spricht einiges dafür, dass sein Comeback an der Seite seiner langjährigen Vertrauten Wagenknecht unmittelbar bevorsteht. Es wäre für dieses holprig gestartete politische Projekt definitiv eine Personalie mit Strahlkraft.

 

Der Deutsch-Italiener De Masi kam unter anderem als wissenschaftlicher Mitarbeiter Wagenknechts in die Politik, mit ihr zusammen gründete er 2018 auch die Bewegung "Aufstehen", was die Linke schon damals an den Rand der Spaltung brachte. Noch halten sich alle Beteiligten mit der Bestätigung eines geplanten Comebacks zurück, aber Fabio De Masi hätte für das BSW gleich zwei Vorteile: Zum einen brächte er das notwendige Maß an Bekanntheit und Renommee mit, um den Verdacht zu entkräften, es handele sich bei der Parteigründung um eine One-Woman-Show. Zum anderen besitzt De Masi bereits Erfahrungen als Europaparlamentarier. Er wäre mithin ein idealer Spitzenkandidat für die Europawahl im Juni, bei der das BSW erstmals mit einer eigenen Liste antreten will.

Wagenknecht wird wohl doch Parteichefin - aber nicht allein

Auch wegen dieses Plans drängt allmählich die Zeit, das bislang nur als Verein angemeldete Wagenknecht-Bündnis in eine Partei umzuwandeln. Wagenknecht, so ist aus verschiedenen Richtungen zu hören, soll sich nun doch entschlossen haben, den Parteivorsitz zu übernehmen. Und zwar in einer Doppelspitze mit der früheren Co-Fraktionschefin der Linken Amira Mohamed Ali. Noch im Spätherbst hatte Wagenknecht gesagt, sie strebe den Parteivorsitz nicht an, weil sie nicht den Anspruch habe, in dieser Partei alles allein zu richten. Diese Art von Selbstlosigkeit scheint in ihrer Fangemeinde aber nicht allzu gut angekommen zu sein. Mitte Dezember hieß es dann plötzlich, die Besetzung der Parteispitze werde noch einmal überdacht. Und offenbar hat der Denkprozess ergeben: Hilft ja nix, macht sie das halt auch noch."

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