FAZ: Der Mann, der in Hamburg Nadelstiche setzt

Wie Ökonom Fabio de Masi der Linken zum Erfolg verhelfen will. Ein Porträt von Fabio De Masi in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

26.02.2020

FAZ: Der Mann, der in Hamburg Nadelstiche setzt[1]

"Der Hai ist nicht zu übersehen. Mit weit aufgerissenem Maul setzt er zum Sprung an. Doch Fabio De Masi, der vor dem metergroßen, mit Helium befüllten Raubtier aus Plastik steht, hat an diesem Februarmorgen vor dem Gebäude der Finanzverwaltung von Hamburg keine Augen dafür. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag ist im Wahlkampfmodus. Nur wenige Tage vor der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft will De Masi noch etwas für die Partei und Spitzenkandidatin Cansu Özdemir drehen.

Er ist zurück in seiner Stadt. Über Platz 1 der Landesliste schaffte er 2017 den Sprung in den Bundestag. Und auch fachlich bewegt sich der Ökonom auf seinem Terrain. Es geht um Steuertransparenz und „Cum-Ex“. In den umstrittenen Aktiengeschäften rund um den Dividendenstichtag ließen sich Anleger die nur einmal angefallene Kapitalertragsteuer mehrfach zurückerstatten. De Masi setzt auf die Macht der Bilder, um seine Botschaft zu transportieren. Der Hai, stolzer König der Meere, symbolisiert die rücksichtslose Gier von Investoren. Und der Berufspolitiker De Masi verschanzt sich nicht hinter Konjunktiven und Passivkonstruktionen. „Die Linke sagt als einzige Kraft – wir wollen mit dem Cum-Ex-Saustall aufräumen“, skandierte De Masi vor wenigen Tagen auf einer Wahlveranstaltung mit Sahra Wagenknecht.

Aus der Erfahrung jahrelanger Oppositionsarbeit sucht er den Weg in die Konfrontation. Im Bundestag fällt er durch scharfzüngige Redebeiträge auf. Eifrig macht er von seinem Recht der Kleinen Anfrage Gebrauch. Häufig hat er dabei im Blick, wie nah sich die Interessen von Wirtschaft und Politik vielfach kommen. De Masi füllt damit die Lücke aus, die Gerhard Schick, ehemals finanzpolitischer Sprecher der Grünen, im Plenum nach seinem Weggang im Juli 2018 hinterlassen hat. Wie in Berlin, so setzt De Masi auch im Hamburger Wahlkampf Nadelstiche: Gegen die Finanzbehörden der Stadt und gegen den amtierenden Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Ausgehend von der strafrechtlichen Aufarbeitung der umstrittenen Aktiengeschäfte der Hamburger Privatbank M.M. Warburg wittert der Linken-Politiker einen Steuerskandal. Zwei Gesellschaften der Warburg-Gruppe droht als Nebenbeteiligten im Prozess am Landgericht Bonn die Einziehung von 280 Millionen Euro.

Eine Rückforderung von rund 47 Millionen Euro gegen die Privatbank ist verjährt, verantwortlich dafür sollen Finanzbeamte aus Hamburg sein – und Tschentscher selbst. Der war in den Jahren 2011 bis 2018 Finanzsenator der Staat. „Die Warburg Bank schuldet den Hamburgern 300 Millionen Euro“, behauptet De Masi. Wenn Tschentscher von der „schwarzen Null“ rede, dann solle er sich gefälligst das Geld zurückholen. Tschentscher reagierte bei einem Fernsehauftritt gelassen. Er zeigte sich davon überzeugt, dass die Steuerverwaltung nach Recht und Gesetz alles zurückfordern werde, was zu Unrecht erstattet worden sei. (...)"

 

Links:

  1. https://zeitung.faz.net/faz/unternehmen/2020-02-22/8244474313eebdd1e7d7b56f912799fe/?GEPC=s3