Gauck verhöhnt eine ganze Generation

Pressemitteilung von Fabio De Masi

25.06.2014
Fabio De Masi

"Der Bundespräsident spielt den Staatsanwalt der Bankster. Portugal ist kein Vorbild, sondern ein Desaster", erklärt Fabio De Masi anlässlich des Staatsbesuchs von Bundespräsident Joachim Gauck in Portugal sowie dessen Mahnung zur Wahrung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Der Europaabgeordnete und Wirtschaftspolitiker der Partei DIE LINKE weiter:

"Portugal hat den Rettungsschirm nur verlassen, weil die Europäische Zentralbank eine Garantie auf portugiesische Staatsanleihen ausgesprochen hat. Die Rückkehr an den Kapitalmarkt bzw. die erneute Finanzierung bei Banken und Vermögenden bezahlen die Portugiesen jedoch mit Zinsen über dem Niveau der Euro-Kredite. Dies wird einen echten Aufschwung weiter behindern.

Der Bundespräsident verwechselt daher die Welt der Finanzinvestoren mit dem realen Leben. Wenn Gauck Freiheit predigt, meint er die Freiheit der Finanzzocker, nicht die Unfreiheit einer verlorenen Generation in Südeuropa. Die Arbeitslosigkeit in Portugal beträgt etwa 15 und die Jugendarbeitslosigkeit 36 Prozent. Der Anteil der faulen Kredite im Portfolio der portugiesischen Banken hat seit der Vertiefung der Krise durch die Kürzungsmaßnahmen zugenommen. Statt an der Deutschen Bank sollte sich Bundespräsident Gauck lieber an Papst Franziskus orientieren, der zu Recht bemerkte: `Wir schließen eine ganze Generation aus, um ein Wirtschaftssystem aufrecht zu erhalten, das nicht mehr zu ertragen ist.`

Wer überdies den dummen Stabilitäts- und Wachstumspakt verteidigt, hat die Ursachen der Euro-Krise nicht verstanden. Die Staatsverschuldung stieg durch die Bankenrettung und Steuerdumping. Länder mit niedrigen öffentlichen Schulden, aber hoher privater Verschuldung, wie Spanien und Irland waren ebenso von der Krise betroffen. Am Stärksten stieg die Staatsverschuldung in jenen Ländern, die am radikalsten gekürzt haben: Griechenland, Spanien, Portugal und Großbritannien.

Europa braucht einen New Deal mit einer strikten Regulierung und Schrumpfung des Finanzsektors, der Trennung von Investmentbanking und klassischem Bankgeschäft, der massiven Ausweitung öffentlicher Investitionen sowie einer EU weiten Vermögensabgabe für Millionäre. Wir brauchen keine Renaissance der Kapitalmärkte, sondern direkte Kredite der EZB an Euro-Staaten, um öffentliche Investitionen statt neuer Finanzblasen zu finanzieren. Doch eher wird ein Kamel durch ein Nadelöhr gehen, als dass der Bundespräsident die Wahrheit über die ökonomische und soziale Realität in Europa spricht.