Fabio De Masi

Liebe Freundinnen und Freunde,

Während in den USA (teilweise auch aus innenpolitischen Gründen) längst Signale gesendet werden, dass es wieder Diplomatie braucht, um das unfassbare Leid in der Ukraine und in Gaza zu beenden (so etwa kürzlich Obamas einstiger Sicherheitsberater Charles A. Kupchan in der Berliner Zeitung), haben die Transatlantiker in Deutschland wieder mal den Bus aus Washington verpasst und prügeln etwa auf den Papst ein oder kritisieren den Bundeskanzler für die wenigen Dinge, die er richtig macht.

Die Lautsprecher von CDU, Grünen und FDP und zahlreiche Leitmedien haben Bundeskanzler Olaf Scholz dafür attackiert, dass er im Winter 2022 nach China reiste und dass er keine Langstrecken-Taurus liefert, die auch Ziele in der russischen Hauptstadt treffen könnten. Nun veröffentlichte die New York Times eine Recherche, dass den USA damals Informationen vorlagen, wonach Russland im Falle einer verheerenden Niederlage auf dem Schlachtfeld den Einsatz taktischer Nuklearwaffen erwägen könnte. Letzteres wäre ein Verbrechen, aber es zeigt, an welchem seidenen Faden die Welt derzeit hängt. Scholz soll auf besagter China-Reise die chinesische Führung daher von einer öffentlichen Warnung Russlands vor dem Einsatz von Atomwaffen überzeugt haben. Das mag überhöht sein, aber es zeigt, wie unverantwortlich Teile der Öffentlichkeit sich verhalten und aus Schlagzeilen-Geilheit mit der Katastrophe spielen. Ebenso stellte sich nun heraus, dass die Lieferung von Taurus an die Ukraine uns sicherheitspolitisch extrem verwundbar machen würde.

In der Nahost-Politik lässt sich beobachten, dass zumindest Teile der Medien nun umschwenken, nachdem auch das Weiße Haus sich aus innenpolitischen Gründen von der unverhältnismäßigen militärischen Kampagne von Netanyahu distanziert, die 30 000 Todesopfer - überwiegend unschuldige Frauen und Kinder - gekostet hat. Derselbe Netanyahu, der die terroristische Hamas einst mit zynischem Kalkül förderte, um eine Zwei-Staaten-Lösung zu verhindern. Im Spiegel ist ein bemerkenswerter Leitartikel erschienen, der sich dabei den Bundeskanzler, die grüne Außenministerin und den Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) zur Brust nimmt. Anbei ein Auszug des Artikels "Verpanzerte Herzen"

"Den offiziellen deutschen Diskurs scheinen Menschen wie der frühere grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck mitzubestimmen. Beck hat sich eine ganz neue Karriere gebastelt und hetzt und petzt auf X wie im wirklichen Leben, und zwar in etwa gegen alle, die Palästina mit P schreiben.

(...)

Diesen Krieg immer weiter bedingungslos zu unterstützen, kratzt an der Glaubwürdigkeit Deutschlands im Rest der Welt, wie Außenministerin Annalena Baerbock bereits bemerken dürfte.

Die Ministerin, die in eigenen Worten »aus dem Völkerrecht kommt« und für eine wertebasierte Außenpolitik stehen möchte, nimmt erstaunlich lange schon in Kauf, dass sich Israel ums Völkerrecht nicht sonderlich zu scheren scheint. Baerbocks Mahnungen haben mitunter Treppenwitz-Charakter: Mitte Februar, der Krieg tobte bereits im fünften Monat, warnte sie: Eine Offensive in Rafah sei »eine humanitäre Katastrophe mit Ansage«.

Fünf Mal war sie seit Beginn des Krieges bereits in Israel, das Ergebnis ihrer Pendeldiplomatie, wenn man das so nennen möchte: Deutsche Rüstungslieferungen nach Israel haben sich im Vergleich zu 2022 verzehnfacht. Deutschland beteiligt sich also bereits mit Waffenexporten am Krieg; zugleich befürwortet Baerbock aber auch eine deutsche Beteiligung an der internationalen Seebrücke für die Not leidende Bevölkerung in Gaza.

Ein Widerspruch, aber kein Witz: Bomben und Brot, die USA machen es vor. Zynischer kann Außenpolitik kaum daherkommen.

Als das Auswärtige Amt vor Kurzem ein Statement verschickte, in dem es die Genehmigung weiterer Siedlungseinheiten im Westjordanland »in aller Deutlichkeit« verurteilte, nannte der Bonner Völkerrechtler Stefan Talmon das »Placebo-Statement«. Deutschland fehle jede Glaubwürdigkeit, solange es »keine klaren, oder überhaupt Worte für Israels Völkerrechtsverstöße« finde."

Zum Schluss noch eine gute Nachricht: Ich war mit einer Untätigkeitsklage gegen das Auswärtige Amt erfolgreich, da dieses die Beantwortung einer Informationsanfrage zum Wirken der Außenministerin im Falle Julian Assange verschleppt hat. Derweil warte ich immer noch auf die Lieferung der Akten. Offenbar will man mich hinhalten, bis Assange, der US-Kriegsverbrechen aufdeckte, ausgeliefert wurde.

Da ich meine Kolumnen bei der Berliner Zeitung und Finance Forward aufgrund meiner neuen Rolle als Spitzenkandidat des Bündnisses "Sahra Wagenknecht - Vernunft und Gerechtigkeit" zur Europawahl eingestellt habe, übermittle ich in diesem Newsletter nur eine Übersicht der Presseschau mit mir, die leider ebenso im Schatten des Krieges stand.

Ich kann aber die frohe Botschaft verkünden, dass wir die nötigen Unterschriften zur Europawahl in Rekordzeit erhalten und die nötige Anzahl bei Weitem übertroffen haben.

Mein großer Dank für diese Unterstützung.

Herzliche Grüße

Fabio

 

 



 

 


 

Presseschau

Hier eine Übersicht der Themen, zu denen ich kürzlich in der Presse in Erscheinung trat:

- Debatte um den Papst

- Kriegs-PR im Kinder-TV

- Die bittere Ironie des Plakatwahlkampfes der Spitzenkandidatin der FDP zur Europawahl, Strack-Zimmermann

- Die Gefahr des Atomkrieges

- Taurus

- Macrons Bodentruppen

- Debatte über Israel-Kritik auf der Berlinale

Zur Presseschau geht es hier

Sahra Wagenknecht: Ich traue Putin nicht

Interview in der TAZ

Sahra Wagenknecht im TAZ-Interview über Putin und warum ukrainische Flüchtlinge nicht dazu da sind unsere Problem auf dem Arbeitsmarkt zu lösen.

Zum Interview

Fabio De Masi,
Spitzenkandidat des Bündnis Sahra Wagenknecht zur Europawahl 2024

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