Einstimmigkeit in Steuerfragen: Finanzminister Scholz muss Farbe bekennen

Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi

15.01.2019

„Im EU-Binnenmarkt ist Steuerpolitik eine Waffe, um die Steuerzahler anderer Länder auszunehmen. Daher wäre es sinnvoll, wenn bei grenzüberschreitenden Aspekten der Unternehmensbesteuerung zukünftig mit qualifizierter Mehrheit auch gegen Steueroasen wie Malta, Zypern oder Irland entschieden werden könnte. Der Vorschlag der EU-Kommission ist jedoch unzureichend. Finanzminister Olaf Scholz taucht in dieser wichtigen europäischen Debatte weg", kommentiert Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, den heute präsentierten Vorschlag der EU-Kommission, das Einstimmigkeitsprinzip bei Entscheidungen der Mitgliedstaaten in der EU-Steuerpolitik einzuschränken. De Masi weiter:

„Kein normaler Mensch versteht, warum man etwa mit einem Steuersatz von null Prozent nach Definition der EU keine Steueroase ist. Dies ist auch dem Einstimmigkeitsprinzip in Steuerfragen geschuldet. Die von der EU-Kommission angestrebte Passerelle-Klausel zur Überwindung der Einstimmigkeit ist jedoch ungeeignet. Denn die Anwendung der Passerelle-Klausel erfordert selbst zunächst Einstimmigkeit. Eine Beschränkung der Einstimmigkeit in der Steuerpolitik ließe sich auch über Art. 116 AEUV zu Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt erreichen. Selbstverständlich müsste die EU im Gegenzug das Wettbewerbsrecht reformieren, um kleinen Ländern und Inselstaaten mehr Spielraum für eine staatliche Industriepolitik zu verschaffen und sie über Strukturfonds zu unterstützen.

Finanzminister Olaf Scholz hat bereits eine echte Finanztransaktionssteuer, die Abschöpfung digitaler Profite und eine öffentliche, länderspezifische Konzern-Berichterstattung verhindert. Die Bundesregierung sollte sich daher nicht weiter mit den Steueroasen der EU gemein machen und neue Spielregeln in der Steuerpolitik unterstützen. Noch effektiver wäre es allerdings, auf nationaler Ebene bzw. mit einer Koalition der Willigen eine effektive Mindestbesteuerung von Konzernen durch Quellensteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen durchzusetzen.