Oh wie schön ist Panama

Ein Kommentar von Fabio De Masi in der jungen Welt

04.04.2016
Luxusjacht

… für Reiche, Mächtige und (andere) Kriminelle. Die kürzlich vom »Konsortium investigativer Journalisten« veröffentlichten »Panama Leaks« sind der größte Datensatz über Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Es geht um Millionen Dokumente und Milliarden schmutzigen Geldes – etwa aus Drogenhandel, Terror und Prostitution. Da gibt es noch Rendite. Im Mittelpunkt: die panamaische Wirtschaftskanzlei Mossack Fonseca (MossFon). Ihr Gründer, ein deutscher Jurist und Sohn eines SS-Mitglieds, über den der Bundesnachrichtendienst aus »nationalem Interesse« Auskunft verweigert. MossFon gründete für ihre reiche Klientel Hunderttausende Briefkastenfirmen und Trusts zur Verschleierung der Identität von Eigentümern und Herkunft des Geldes. Die prominenten Fälle aus Russland oder China sollten nicht darüber hinwegtäuschen, wie sehr auch US-amerikanische oder Oligarchen aus der EU betroffen sind. Denn das Kriterium der Analyse war die UN-Sanktionsliste, nicht die Forbes-Reichenliste. Ein einstiger britischer Diplomat bemängelt daher einseitige Recherche und Berichterstattung. Doch es finden sich auch die Ehefrau des EU-Umweltkommissar Miguel Cañete, der verstorbene Vater des britischen Premierministers sowie der ukrainische Oligarch/Präsident Petro Poroschenko unter den Kunden. Eine vollständige Veröffentlichung der Daten und Namen soll im Mai erfolgen.

Dass die Bevölkerungsmehrheit kaputtgekürzt wird, schafft den Reichtum der wenigen. Anonym über Panama Vermögen parken ist dabei ganz einfach. Ich habe es selbst mit einem Telefonstreich bei MossFon vor einigen Wochen ausprobiert. Ich sagte, ich würde gerne Geld vor der Steuer retten. Mir wurde versichert, dass ich mir keine Sorgen machen müsse, denn MossFon teile keine Informationen über seine Kunden. Legal, illegal, scheißegal. Und Panama – obwohl von der OECD von der grauen Liste für Geldwäsche gestrichen – teile auch keine Informationen mit anderen Staaten.

Doch es geht nicht nur um MossFon oder Panama. Die Enthüllung zeigt, dass die Vermittler (also Banken und Vermögensberater) solcher Finanzgeschäfte größtenteils in anderen Staaten sitzen: im Vereinigten Königreich, in den USA, in der Schweiz oder in Luxemburg. Die Politik könnte sofort handeln und Banken, die wiederholt Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, die Lizenz entziehen, was sogar vom Europaparlament gefordert wurde. Auch Doppelbesteuerungsabkommen kann man kündigen und statt dessen Quellensteuern auf Finanzflüsse in Länder wie Panama erheben. Weiter bedarf es vollumfänglichen automatischen Informationsaustauschs sowie öffentlicher Register der begünstigten Eigentümer von Firmen. Doch die EU-Kommission will Steueroasen außerhalb der EU weiter von der Berichterstattung für multinationale Konzerne ausnehmen. Wir brauchen zudem endlich eine Vermögenssteuer, um die Enteignung der Bevölkerungsmehrheit und die kriminelle Energie zu stoppen.

Der Artikel "Oh, wie schön ist Panama!" erschien in der Ausgabe vom 05.04.2016 der tageszeitung jungen Welt auf Seite 8. Er online kostenfrei abrufbar