Fake-Konzern auf dem Schachbrett der Weltpolitik

Interview zum zweijährigen Jubiläum der Wirecard Insolvenz mit Zack Zack

22.06.2022

Fake-Konzern auf dem Schachbrett der Weltpolitik (Teil 1)

Vollständiges Interview (Teil 1) auf Zack Zack lesen[1]

Wirecard und die Old-Boys aus dem Kanzleramt (Teil 2)

Vollständiges Interview (Teil 2) auf Zack zack lesen[2]

De Masi: Ex-Merkel-Berater wollte Marsalek auf Amazon Prime jagen

Vollständiges Interview (Teil 3) auf Zack zack lesen[3]

(...)

Es geht um einen politischen Richtungsstreit, der sich seit 2014/2015 zugespitzt hat: Putin, Terror, Islamismus – Was ist die größte Bedrohung für unsere Sicherheit? Und welche Rolle spielte Wirecard auf diesem geopolitischen Schachbrett?

Der Konzern, der anfänglich Zahlungsdienstleistungen im Glücksspiel- und im Pornobereich zur Verfügung gestellt hatte, wuchs im Laufe der Zeit zu einer riesigen Datenmaschine heran. Und letztlich auch zu einer Drehscheibe für Geheimdienste, meint De Masi im Gespräch mit ZackZack. Gleichzeitig tummelten sich um Marsalek schillernde Unternehmer, die sich jetzt von ihm distanzieren. Andere wollen ihn nicht gekannt haben.

ZackZack: Herr De Masi, Sie haben jüngst gegenüber der „Welt am Sonntag“ offenbart, dass Ihnen der frühere militärpolitische Berater von Angela Merkel, Brigadegeneral a.D. Erich Vad, dubiose Angebote in Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal und der Suche nach dem flüchtigen Manager Jan Marsalek unterbreitet habe. Vad tauchte jüngst in deutschen Medien auf und gab sich dabei russlandfreundlich. Was halten Sie davon?

Fabio De Masi: Ich möchte zunächst unterscheiden zwischen dem, was Herr Vad öffentlich zum Krieg in der Ukraine sagt und seinen Motiven oder sonstigen Verbindungen. Mir sind ehemalige Militärs, die vor einem langen frozen conflict (eingefrorenen Konflikt, Anm.) mit einer Nuklearmacht warnen und maximales Engagement für eine diplomatische Lösung anmahnen, im Zweifel lieber als Leute, die im Warmen sitzen und in Talkshows Generalfeldmarschall spielen. Auch gibt es im Umgang mit verbrecherischen Kriegen und dem Bruch des Völkerrechts leider immer sehr unterschiedliche Maßstäbe in der Öffentlichkeit.

Davon unabhängig ist dieser Krieg ein monströses Verbrechen. Doch dies macht etwa Äußerungen von Herrn Vad nicht in Gänze falsch. Man muss seine Auffassung ja nicht teilen, aber dafür kritisiere ich Herrn Vad sicher nicht.

Für was dann? Wirecard und Russland, das ist ja keine unbekannte Kombination. Immerhin soll sich Marsalek unter Obhut des russischen Geheimdienstes in Moskau aufhalten. 

Eine Grenze ist da, wo man sich als deutscher Amtsträger oder auch Ehemaliger zum Instrument Putins macht. Ich will eine eigenständige europäische Sicherheitspolitik, die sich weder zum Instrument der USA noch Russlands macht.

Ich habe daher bei der Geldwäschebekämpfung immer wieder vor dem Einfluss von Oligarchen auf die deutsche Wirtschaft gewarnt – natürlich nicht nur jenen aus Russland. Aber eben auch. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Beziehungen des früheren Eigentümers der Cyber Security-Firma im Dienste der Bundesregierung, Virtual Solution. Beziehungsweise an den ehemaligen Hauptgesellschafter Nicolaus von Rintelen, seine Verbindungen zu einem russischen Oligarchen, Jan Marsalek und dessen Fluchthelfern, was ich auch gemeinsam mit ZackZack aufgedeckt habe (Hier geht’s zur Story über Virtual Solution[4]).

Ich vermute, es gibt Russland-nahe, konservative Netzwerke im Umfeld unserer Sicherheitsbehörden. So wie es eben auch Transatlantiker gibt. Wenn die Russland-Netzwerke aber womöglich kriminelle Dinge begleiten oder decken, wäre eine Grenze überschritten. Ein General hat seinem Land zu dienen, nicht irgendwem sonst.

Links:

  1. https://zackzack.at/2022/06/22/fake-konzern-auf-dem-schachbrett-der-weltpolitik-zwei-jahre-wirecard-skandal
  2. https://zackzack.at/2022/06/25/wirecard-und-die-old-boys-aus-dem-deutschen-kanzleramt
  3. https://zackzack.at/2022/06/27/de-masi-ex-merkel-berater-wollte-marsalek-auf-amazon-prime-jagen
  4. https://zackzack.at/2021/11/19/regierung-baute-fuer-cyberaufklaerung-auf-marsalek-umfeld