Welt: Das Klima-Argument gefährdet die Reform der Schuldenregeln

Die EU will die Schuldenregeln für die Euro-Zone vereinfachen. Italien und andere setzen auf Lockerung und argumentieren mit dem Klimaschutz. Der Widerstand hierzulande ist groß – auch weil das Verständnis von „grünen Investitionen“ so unterschiedlich ist

03.02.2020

Welt: Das Klima-Argument gefährdet die Reform der Schuldenregeln 

"Eigentlich sind die Vorgaben ganz einfach: Die Haushaltsdefizite der Euro-Staaten dürfen nicht größer sein als drei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung, und die Gesamtlast ihrer Schulden darf 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht übersteigen. So steht es im Stabilitäts- und Wachstumspakt von 1997.

Mehr als 20 Jahre später, nach unzähligen nicht sanktionierten Regelverstößen und der tiefen Euro-Krise, ist von der Schlichtheit der Regeln wenig geblieben. So oft wurden die Regeln ergänzt, so häufig haben Mitgliedstaaten Ausnahmen von den strengen Vorschriften durchgesetzt, so komplex sind die Vorschriften geworden, dass allein das Handbuch der EU-Kommission für die Interpretation der Regeln 108 Seiten stark ist. Die Ausnahmen von den Regeln füllen inzwischen Dutzende Seiten.  

Die Kommission, die als Hüterin der EU-Verträge auch den Stabilitäts- und Wachstumspakt durchsetzen muss, will das aufgeblähte Regelwerk jetzt vereinfachen. Erste Schritte dafür will sie am Mittwoch vorstellen. Das Vorhaben ist allerdings heikel: Einzelne Mitgliedsländer setzen darauf, dass die Regeln im Zuge der Reformen gelockert werden. Politiker aus fiskalisch konservativen Staaten wiederum laufen gegen derlei Ansinnen Sturm.  (...)

Auch der Linke-Politiker Fabio De Masi spricht sich zwar grundsätzlich dafür aus, öffentliche Investitionen von den Schuldenregeln auszunehmen. „Aber eine Ausnahme nur für ökologische Investitionen macht die Fiskalregeln nur wieder komplizierter. Der Streit wird ausbrechen, was grüne Investitionen sind“, sagt er. Frankreich beispielsweise verstehe darunter auch Atomkraft. "