DIE ZEIT: »Deutschland ist ein Geldwäsche-Paradies«

Drogen, Menschenhandel, Betrug – auf der ganzen Welt illegal verdientes Geld wird in Deutschland investiert und gewaschen. Eine Recherche unter Kriminalbeamten und Staatsanwälten über ihren Kampf gegen einen übermächtigen Gegner.

14.11.2019

DIE ZEIT: »Deutschland ist ein Geldwäsche-Paradies«

Ausgabe vom 14.11.2019

"Er hat Pakete voller Rauschgift aus Reservereifen gerissen, auf Bundesstra- ßen Zigarettenschmuggler gestellt und Lager mit illegal eingeführten Arznei- mitteln hochgenommen. Am Wochen- ende, feiertags oder mitten in der Nacht. »Mit der Zeit sieht man einfach mehr«, sagt er nach vielen Jahren als Ermittler. Doch jetzt soll er Geldwäsche bekämp- fen – und vielleicht ist das der härteste Job seiner Laufbahn.

Der Fahnder soll hier Hoffmann heißen. Seinen richtigen Namen in der Zeitung zu nennen könnte ihm Schwierigkeiten machen, glaubt er. Denn Hoffmann, der Ermittler, sagt: »Deutschland ist ein Geldwäsche-Paradies.« Er berichtet von Fällen, bei denen es sich offensichtlich um Geldwäsche handelt, bei denen er aber nichts tun kann. Von Ermittlungen, die zu nichts führen, weil ihm die Instru- mente fehlen. Von Kriminellen, die davonkommen, weil die Gesetze ihnen großen Spielraum lassen. (...)

Vor Ende 2026 wird die FIU wohl kaum alle Stel-len besetzt haben. Der Grund dafür ist recht einfach: So viele Experten gibt es in Deutschland auf diesem Gebiet nicht. Und es ist eben nicht gerade einfach, Spezialisten von Banken für die Gehäl-ter im öffentlichen Dienst zu begeistern. Die Folge: Im September 2019 lagen bei der FIU 48.229 Verdachtsmeldungen zur Bearbeitung. Das berichtete das Finanzministerium auf eine Anfrage des stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion, Fabio de Masi. Ein Unding, findet der Oppositionspolitiker und fordert: »Wir brauchen eine rich-tige Finanzpolizei. Die Landeskrimina-lämter müssen bereits bei der ersten Bewertung dieser Meldungen mit ihrer kriminalistischen Expertise mit am Tisch sitzen.« Ein Kriminalbeamter sagt zu dem Bearbeitungsstau: »Da liegen Meldungen der Banken zu Terrorismus-finanzierung, Organisierter Kriminalität, Geldwäsche. Dass die so lange liegen bleiben, das grenzt an Strafvereitelung.«"