Europäisches Parlament knickt vor Steuertricks der Multis ein

Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi

13.06.2017
Jachthafen Panama

Fabio De Masi (DIE LINKE.), Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) und stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zu Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung (PANA), kommentiert den Ausgang der Abstimmung zur öffentlichen länderspezifischen Berichterstattung von Unternehmen in einer gemeinsamen Sitzung des Wirtschaftsausschusses und des Rechtsausschusses (JURI) in Straßburg:

„Die öffentliche länderspezifische Berichterstattung (CBCR) ist eine wichtige Waffe im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit. Umso bedauernswerter ist es, dass die Konservativen und Liberalen die Öffentlichkeit entwaffnet haben. Der Schwellenwert für die Berichtspflicht von 750 Millionen Euro Jahresumsatz verschont laut OECD etwa 85 bis 90 Prozent der multinationalen Konzerne. Das Europäische Parlament hatte in der Aktionärsrichtlinie noch einen Umsatz von 40 Millionen Euro gemäß der EU-Definition für ‘large undertakings‘ angewendet.

Die Liberalen haben sich überdies für ein eklatantes Schlupfloch stark gemacht, dass es Konzernen ermöglicht, sich mit einer äußerst schwammigen Definition von wirtschaftlich sensiblen Daten prinzipiell unbegrenzt der Berichtspflicht zu entziehen. Auch eine rückwirkende Offenlegung und eine grobe Berichtspflicht sind nicht mehr vorgesehen. Die Linksfraktion hätte den Kompromiss nur unter dieser Maßgabe und mit einer klaren zeitlichen Befristung der Ausnahmen unterstützt."

Der deutsch-italienische Wirtschaftspolitiker abschließend: „Mit diesem Ergebnis begibt sich das Parlament in eine denkbar schlechte Ausgangslage für die Trilogverhandlungen. Die Kernpunkte, also der öffentliche Zugang zu den Berichten sowie die Anwendung der Berichtspflicht für alle Staaten, in denen Unternehmen aktiv sind, müssen erhalten bleiben. Eine Berichtspflicht nur für Aktivitäten in EU-Staaten und Drittstaaten auf der schwarzen Liste für Steueroasen - die im diplomatischen Kuhhandel zur Farce verkommt - würde weitere Schlupflöcher reißen. Die EU würde damit hinter die Praxis von Vietnam zurückfallen."

 

 

Country by Country Reporting – Hintergrund:

Am Montagabend wurde der Bericht des Europäischen Parlaments zur öffentlichen länderspezifischen Berichterstattung von Unternehmen in einer gemeinsamen Sitzung des Wirtschaftsausschusses (ECON) und des Rechtsausschusses (JURI) in Straßburg angenommen. Dieser sieht vor, dass multinationale Konzerne mit einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro und mehr für jedes Land, in dem sie aktiv sind, gewisse wirtschaftliche Kennzahlen wie Gewinne und gezahlte Steuern veröffentlichen. Eine solche Berichtspflicht existiert bereits für Banken und den Rohstoffsektor. Mit dieser Maßnahme erhofft man sich, die Steuertricks von Unternehmen offenzulegen.

Weitere parlamentarische Behandlung: Nach der Abstimmung in den Ausschüssen, muss der Bericht noch im Plenum des Europäischen Parlaments abgestimmt werden. Sollte er auch dort angenommen werden, kommt der Bericht in die Trilogverhandlungen zwischen Europäischen Rat, Kommission und Parlament.




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