60 Jahre Römische Verträge: EU neu gründen

Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi

23.03.2017

"Die EU muss sich neu erfinden oder sie könnte zerbrechen. Ein Europa der Banken und Konzerne beziehungsweise eines enthemmten Binnenmarktes hat keine Zukunft", kommentiert der deutsch-italienische Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE.) die Feierlichkeiten der Staats- und Regierungschefs angesichts des 60-jährigen Jubiläums der Römischen Verträge. 

De Masi weiter: "Die Erklärung der Staatsoberhäupter überzeugt nicht. Sie erinnern an das Verbrechen der Weltkriege und versprechen über die Globalisierung über die EU zu gestalten, wollen aber die EU ausgerechnet auf Freihandel und Aufrüstung verpflichten. Die Reform der Eurozone soll permanente Strukturreformen - also Lohn- und Rentenkürzungen - anreizen, die in der EU zunehmend von der Bevölkerung abgewählt werden. 
Unter einem sozialen Europa werden Mindeststandards verstanden. Diese sollen jedoch nach den Plänen der Kommission zunehmend zu Maximalstandards werden und mit einer weiteren Flexibilisierung der Arbeitsmärkte sowie Druck auf arbeitslose Jugendliche verknüpft werden, in Kernstaaten wie Deutschland auszuwandern. Wir brauchen aber öffentliche Investitionen, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen statt die weitere Ausblutung Südeuropas. Menschen sind keine Amazon-Pakete, die sich quer durch Europa schicken lassen.

"Der Binnenmarkt gründete einst auf dem Gebot der Nicht-Diskriminierung. Kein Unternehmen oder Beschäftigter sollte höheren Anforderungen unterworfen werden als heimische Unternehmen oder Beschäftigte. Doch der Binnenmarkt hat sich in eine ungehemmte Sonderwirtschaftszone für Konzerne verwandelt. Mittlerweile wird sozialer Schutz oder selbst die Bekämpfung von Steuerflucht über den Binnenmarkt und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes untergraben. Die niedrigeren Niveaus von Herkunftsländern statt des örtlichen Lohnniveaus sind der neue Maßstab bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Zudem werden Quellensteuern bei Auslagerung von Unternehmenstöchtern in Niedrigsteuerländer mit Verweis auf die Niederlassungsfreiheit untersagt."

De Masi abschließend: "Die EU braucht neue Verträge und Volksabstimmungen hierüber in allen Mitgliedstaaten. Diese Verträge müssen die sozialstaatlichen Ordnungen von Mitgliedstaaten schützen, auf Abrüstung verpflichten und sozialen Grundrechten beziehungsweise gleichem Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort Vorrang vor einem enthemmten Binnenmarkt einräumen.

Eine Vertiefung der EU beziehungsweise eine variable Geometrie macht nur Sinn, wenn sie Nutzen für die Mehrheit der EU-Bürgerinnen und Bürger stiftet. Statt der Rüstungsunion und einer Verpflichtung auf permanente Strukturreformen beziehungsweise Lohn- und Rentenkürzungen, sollten Mitgliedstaaten wie Deutschland und Frankreich mit Mindeststeuersätzen für Konzerne und Strafsteuern auf Finanzflüsse in und außerhalb der EU sowie einer echten Aufspaltung von Mega-Banken voran gehen. 

Deutschland muss durch öffentliche Investitionen die Binnenwirtschaft stärken und einen ausgeglichenen Außenhandel anstreben. Nur so lässt sich eine permanente Transferunion vermeiden, die der Bundesregierung politische und ökonomische Macht über Südeuropa einräumt, die sich mit einem demokratischen Europa nicht verträgt."