Gruppe Verhaltenskodex: Finanzminister müssen Blockade bei Steuergerechtigkeit beenden

Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi und Sven Giegold

05.01.2017

Die britische Tageszeitung The Guardian veröffentlichte zusätzliche Recherchen auf Grundlage von Drahtberichten der Bundesregierung mit detaillierten Informationen aus der Ratsarbeitsgruppe Verhaltenskodex zur Unternehmensbesteuerung der EU-Mitgliedstaaten. Die Gruppe soll unfaire Steuerpraktiken zu Gunsten von Konzernen durch Mitgliedstaaten angehen. Die Drahtberichte verdeutlichen die Ineffizienz dieser Gruppe, die an den Wirtschafts- und Finanzministerrat (EcoFin) berichtet. So wurden selbst geringfügige Fortschritte durch Mitgliedstaaten blockiert, insbesondere durch Luxemburg, die Niederlande, Belgien, Irland sowie Großbritannien. Zudem haben die europäischen Steueroasen ihre Steuerpraktiken an die veralteten EU-Regeln gegen schädliche Steuerpraktiken angepasst.

Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen/EFA Fraktion im Europäischen Parlament sowie Fabio De Masi (Linksfraktion GUE/NGL), stellv. Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zu Geldwäsche, Steuerhinterziehung und -vermeidung (PANA) des Europäischen Parlaments, erklären:

“Die 19 Jahre der Ohnmacht gegen unfaire Steuerpraktiken von Mitgliedstaaten sind eine wesentliche Ursache von Frust über das europäische Projekt. Es ist höchste Zeit, dass die Mitgliedstaaten die Ineffizienz der Gruppe Verhaltenskodex eingestehen. Das Europäische Parlament kann nicht länger hinnehmen, dass der Rat keinerlei ernsthafte Bemühungen zeigt, die Gruppe Verhaltenskodex zu reformieren und die entsprechenden Forderungen des Parlaments nach den Sonderausschüssen zu LuxLeaks ignoriert.

Es ist skandalös, dass Luxemburg und weitere Mitgliedstaaten selbst in 2016 jede ernsthafte Reformbemühung der Gruppe Verhaltenskodex torpedieren, wie der Guardian enthüllte. Sie haben die Lektion des LuxLeaks-Skandals offenbar nicht gelernt. Kürzlich wurde die Gruppe auch noch mit der schwierigen Aufgabe betraut, die schwarze EU-Liste der Steueroasen vorzubereiten. Die Finanzminister müssen endlich die nötigen Maßnahmen gegen Steuerdumping in der EU ergreifen. Es ist nicht hinnehmbar, dass einzelne Mitgliedstaaten den Binnenmarkt korrumpieren, sofern es im Interesse großer Konzerne ist. Wir brauchen eine vernünftige und breite Definition von schädlichen Steuerpraktiken und ein Ende der Einstimmigkeit in der Gruppe Verhaltenskodex, die es einzelnen Steueroasen erlaubt, Fortschritt zu blockieren. Die Debatten der Gruppe Verhaltenskodex müssen transparent gemacht werden, damit Bürgerinnen und Bürger ihre Regierungen rechenschaftspflichtig machen können.

Die jetzige EU-Kommission hat im Bereich Steuer-Transparenz mehr erreicht, als ihre Vorgänger. Aber ihr Vorsitzender, Jean-Claude Juncker, hat seine jahrzehntelange Rolle an der Spitze der Steueroase Luxemburg bisher unzureichend erklärt. Anlässlich der Konsultationen des PANA-Ausschusses in Luxemburg im März 2017 sollte die luxemburgische Regierung Transparenz schaffen und dem Europaparlament bisher zurückgehaltene Dokumente zur Verfügung stellen. Die zentrale Figur im Luxemburger Steuersumpf, Marius Kohl, muss sich vor dem Ausschuss erklären."