Presseschau: Brexit und Euro-Debatte

Eine kleine Presseschau zum Referendum in Großbritannien

17.07.2016

Großbritannien hat sich entschieden. Rund 52% haben für den Brexit und damit für den Austritt des Landes aus der EU gestimmt. Fabio De Masi hat sich dazu in einer Pressemitteilung geäußert. In einer kleine Presseschau dokumentieren wir die Berichterstattung:

taz.de, 17.07.2016

Bei einer Debatte über die EU kommt immer dann die Stunde der Wahrheit, wenn die Diskutanten vom individuellen Thema – aktuell Brexit – zum Deutungsrahmen kommen, vor dessen Hintergrund sie ein Ereignis einordnen. Sahra Wagenknecht und Fabio de Masi schrieben kürzlich in einem Gastbeitrag für Zeit Online [1]: „Der Brexit war kein Votum gegen Europa, sondern ein Votum gegen einen Brüsseler Club, der sich der Demokratie entzieht.“

Das nennt sich „Framing“, also aktive Besetzung und Beeinflussung des Deutungsrahmens. Wer den Brexit verstehen möchte, muss sich anschauen, was es bedeutet, wenn sich fragwürdige Deutungsrahmen in einer Gesellschaft durchsetzen.

Erstes Bild: Die EU und ihre „Eliten“ sind nicht Europa. Im zitierten Zeit-Online-Artikel wird gar im Titel behauptet, die real existierende EU zerstöre die „europäische Idee“. Im Vereinigten Königreich war dies während der Kampagne Standard: Boris Johnson hat ernsthaft argumentiert, ein echter Europäer müsse gegen diese EU sein. Dahinter lauert der Gedanke: Wenn nötig, müssen wir die falsche Juncker-EU erst mal eindampfen, um das echte Europa im eigenen Sinne zu verwirklichen. Soll heißen: je nach Ideologie sozialstaatlich (Wagenknechts Programm) oder eben als Paradies von Freihandel und nationaler Souveränität (Johnson). In jedem Fall sollen Volksentscheide „EU-Eliten“ entmachten. [...]"

Der Artikel "Ein vielbemühtes Monster"[2] von Martin Unfried erschien auf taz.de und kann dort kostenfrei abgerufen werden.

Neues Deutschland, 03.07.2016

"[...] Bereits am Samstag hatten in einem Gastbeitrag für Zeit online die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht und der Europa-Abgeordnete Fabio De Masi »neun Bausteine für ein neues Europa« vorgeschlagen. Die EU stehe »vor der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg«, heißt es darin. »Notwendig sind jetzt neue EU-Verträge und Volksabstimmungen hierüber in allen EU-Mitgliedsstaaten«, so die beiden Linkenpolitiker.

Als Bausteine dafür schlagen sie unter anderem die Verankerung des Prinzips »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« im europäischen Binnenmarkt vor, damit »die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht in Lohndumping mündet und als Bedrohung empfunden wird«. Die umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP und Ceta sollen gestoppt, das Wettbewerbsrecht zugunsten einer »zukunftsfähigen Industrie- und Beschäftigungspolitik« eingeschränkt und öffentliches Eigentum sowie die Daseinsvorsorge der Kommunen geschützt werden. Zudem wird die Forderung nach einer Bekämpfung der Steuerflucht von Konzernen durch EU-weite Mindeststeuersätze bei der Körperschaftssteuer erneuert.

Ein weiterer Vorschlag: Der »Stabilitäts- und Wachstumspakt«, der im Grunde die von Berlin aus orchestrierte Austeritätspolitik regelt, soll durch einen Pakt für außenwirtschaftliche Stabilität ersetzt werden - Wagenknecht und De Masi haben dabei das bundesdeutsche Wachstums- und Stabilitätsgesetzes von 1967 vor Augen. So könnten neue Schuldenkrisen in der Eurozone verhindert werden. Nicht zuletzt soll das Investmentbanking vom Einlagen- und Kreditgeschäft der Banken getrennt und Sparkassen sowie Genossenschaftsbanken geschützt werden."

Der Artikel "Linkspartei: Sechs-Punkte-Programm für sozialere EU"[3] von Tom Strohschneider kann kostenfrei auf der Webseite des Neuen Deutschlands abgerufen werden.

 

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.06.2016

"[...] Cinque Stelle fordert das Ende der Sparpolitik. Und der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi regt an, die EU müsse sich „neu erfinden“, weil Europa nicht „den Mächtigen und den Märkten überlassen“ werden dürfe.

Jeder hat seine ganz eigene Reformagenda, und das spricht nicht dafür, dass sich die Fliehkräfte in der EU aufhalten lassen. Das ist das Dilemma von Juncker und Tusk, von Angela Merkel und Francois Hollande: Die EU ist so fragil geworden, dass die EU-Oberen genug damit zu tun haben, dieses Gebilde halbwegs zu stabilisieren. [...]"

Der Artikel "Die Schockreaktion"[4] kann auf der Webseite der FAZ kostenfrei heruntergeladen werden.

Kurier am Sonntag, 25.06.2016

 "[...] Rund 52 Prozent der Wähler stimmten beim Referendum am Donnerstag für den sogenannten „Brexit“. Ein knappes Ergebnis, das viele Fragen offen lässt - vor allem was die Zukunft Europas betrifft.„Der Austritt der Briten aus der EU ist eine Chance“, sagt der Linke-Europaabgeordnete Fabio De Masi, der sein NRW-Büro in Emmerich hat. „Die EU muss sich neu erfinden. Wir dürfen Europa nicht den Mächtigen und den Märkten überlassen.“ [...]

De Masi sieht vor allem soziale Gründe als entscheidend für den „Brexit“ an. „Die Briten trieb die Sorge um das Gesundheitswesen, Wohnraum und niedrige Löhne. Die EU hat nun ohne Großbritannien die Chance, sich vom Europa der Banken und Konzerne und der marktkonformen Demokratie zu verabschieden.“ Er fordert nun ein sozialeres Europa mit starker Regulierung der Finanzmärkte, Abbruch der TTIP-Verhandlungen und ein soziales und ökologisches Investitionsprogramm für die EU. [...]"

Der Artikel "Don‘t Panic: Unsere EU-Abgeordneten sehen „Brexit“ als Chance für Europa"[5] erschien im Kurier am Sonntag und kann auf der Webseite der Tageszeitung kostenfrei abgerufen werden.

 

Links:

  1. http://www.zeit.de/politik/2016-06/brexit-eu-reform-kritik-sicherheit-ttip
  2. http://www.taz.de/!5319272/
  3. http://www.neues-deutschland.de/artikel/1017427.linkspartei-sechs-punkte-programm-fuer-sozialere-eu.html
  4. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/eu-will-mit-reformen-auf-brexit-votum-reagieren-14307020-p3.html
  5. http://www.kurier-am-sonntag.de/lokales-sp-16783/kleverland/11160-don-t-panic-unsere-eu-abgeordneten-sehen-brexit-als-chance-fuer-europa