Interview mit dem LINKSLETTER: Auf nach NRW
Fabio De Masi im Gespräch mit dem Newsletter des Landesverbandes DIE LINKE.NRW
"Ich muss Brüssel verstehen lernen. Mir wurde gesagt: Es wird wohl bis Jahresende dauern bis die Maschine läuft. Klar ist: Ich will dass unsere Positionen zur Euro-Krise gehört werden. Mit dem Wettbewerbspakt will Merkel die Krise auch nach Deutschland holen bzw. Löhne und Renten drücken. Wir müssen die Freihandelsabkommen mit den USA sowie Kanada stoppen. Es drohen ebenfalls neue Angriffe auf öffentliche Dienste, etwa bei den Häfen. Wäre Nordrhein-Westfalen, ein Staat, wäre es die Nr. 17 unter den größten Volkswirtschaften der Welt. Ich möchte mich daher auch in Debatten um eine neue „Industriepolitik“ für NRW einbringen, die Arbeitsplätze schafft und die Umwelt sichert."
Das Gespräch für den LINKSLETTER führte Christian Leye.
Fabio, Du bist mit dem Votum aus NRW in den Europaparteitag gegangen und wurdest auf den aussichtsreichen Listenplatz sechs gewählt. Was werden für Dich die wichtigsten politischen Aufgaben im ersten Jahr im Europaparlament sein?
Ich muss Brüssel verstehen lernen. Mir wurde gesagt: Es wird wohl bis Jahresende dauern bis die Maschine läuft. Klar ist: Ich will dass unsere Positionen zur Euro-Krise gehört werden. Mit dem Wettbewerbspakt will Merkel die Krise auch nach Deutschland holen bzw. Löhne und Renten drücken. Wir müssen die Freihandelsabkommen mit den USA sowie Kanada stoppen. Es drohen ebenfalls neue Angriffe auf öffentliche Dienste, etwa bei den Häfen. Wäre Nordrhein-Westfalen, ein Staat, wäre es die Nr. 17 unter den größten Volkswirtschaften der Welt. Ich möchte mich daher auch in Debatten um eine neue „Industriepolitik“ für NRW einbringen, die Arbeitsplätze schafft und die Umwelt sichert.
Was war dein Eindruck vom Europa-Parteitag?
Trotz aller Debatten und Probleme, die Botschaft war klar: Die Mitglieder in Ost wie West wollen keine West- oder Ost-Partei, sie wollen DIE LINKE. Wir werden die EU und die Bundesregierung angreifen, weil sie die europäische Idee zerstören. Die EU entfesselt die Märkte bzw. drückt Löhne, setzt die Demokratie immer weiter außer Kraft und will ein militärischer Player im Konzert mit der NATO werden. Die unmoralischen Angebote der SPD in der Europa- und Außenpolitik weisen wir zurück. Eine verlorene Generation von Madrid bis nach Athen sowie Aufrüstung und neue Kriege in Afrika. Das ist keine Verantwortung für Europa.
Gregor Gysi sagte sinngemäß auf dem Europa-Parteitag „eine kleine EU-Armee zum Schutze der EU, wenn alle nationalen Streitkräfte und Atomwaffen abgeschafft werden? Das klingt doch ganz nett.“ Was meinst Du?
Ja, das klingt ganz nett. Im Europa-Wahlprogramm der CDU und in den EU-Verträgen steht: Wir wollen eine europäische Armee, die mit der NATO weltweit Kriege führt. Wir wollen die militärischen Fähigkeiten permanent verbessern – also aufrüsten – und die Rüstungskooperation vertiefen. Klingt nicht so nett. Zudem will die Bundesregierung – wie es die EU-Verträge fordern – das Recht des Bundestages vorab über Militäreinsätze zu entscheiden antasten. Das britische Unterhaus hat ja gerade erst eine Intervention in Syrien verhindert. Gregor ist ein Realpolitiker. Er kann ein politisches Ziel –das braucht man ja - und die Realität in Europa gut unterscheiden. Ich auch. Daher kämpfen wir gemeinsam für eine friedliche Außenpolitik.
In letzter Zeit war öfter zu lesen, die Krise im Euro-Raum sei überwunden. Wie beurteilst Du diese Aussage?
Die Krise ist nicht vorbei. Es ist völlig normal, dass ein Abschwung irgendwann bremst. Denn UnternehmerInnen ersetzen dann zum Beispiel alte Maschinen. Aber die Probleme im Bankensektor sind nicht gelöst, in den Schwellenländern drohen neue Währungskrisen und einen echten Aufschwung gibt es nur mit höheren Löhnen und öffentlichen Investitionen.
Wie wird sich die Situation nach deiner Ansicht in Griechenland entwickeln?
Griechenland hat seit der „Euro-Rettung“ bereits ein Viertel seiner Wirtschaftskraft verloren. Ich denke – wenn diese Politik fortgesetzt wird – erleben wir ein verlorenes Jahrzehnt.
Wolfgang Schäuble brachte Anfang Februar ein drittes Griechenland-Paket ins Gespräch. Worum geht es dabei?
Griechenland ist bankrott, die Zinsen fressen die Staatseinnahmen auf. Etwa 94 Prozent der 240 Milliarden für Griechenland flossen zurück in den Finanzsektor. Schäuble denkt über zwei Optionen nach: Neue Milliarden-Kredite, um Zeit zu gewinnen und die restlichen Gläubiger frei zu kaufen oder einen Schuldenschnitt.
Ist ein Schuldenschnitt nicht eine gute Sache?
Der kommt viel zu spät. Im April 2010 waren noch etwa 90 Prozent der griechischen Staatsschulden in privater Hand, im Herbst 2013 waren es nur noch 15 Prozent. Die Papiere liegen nun bei den Rettungsschirmen der Euro-Staaten bzw. der Europäischen Zentralbank (EZB). Damit trifft es nun vor allem die Steuerzahler. Wir brauchen direkte Kredite der EZB an Griechenland, um Investitionen statt das Casino zu finanzieren und eine Vermögensabgabe für die Oligarchie. Allein das Vermögen der europäischen Millionäre übertrifft mit etwa 17 Billionen Euro die Staatsverschuldung aller EU-Staaten. Selbst die Bundesbank und der Internationale Währungsfonds diskutieren nun die Vermögensabgabe. DIE LINKE will aber nicht die Kleinsparer sondern die Millionäre verhaften.
Du hattest vor deiner Wahl angekündigt, dass Du dich in NRW stark engagieren willst. Was kommt auf den Landesverband zu?
Das war keine Drohung. Ich will mich politisch bei Euch engagieren und den Parteiaufbau unterstützen.
Da muss ich mal einhaken
Ja ?
Was verdient man denn da im Europa-Parlament?
Ehrlich gesagt weiß ich das nicht – man bekommt etwa soviel wie ein Bundestagsabgeordneter, aber oben drauf noch Sitzungsgelder. Sicher ist: Die Arbeitnehmer bekommen zu wenig und ich werde spenden bzw. den Parteiaufbau unterstützen.
Raus aus dem Euro oder rein?
Merkel zerstört …
Raus oder Rein?!?
Raus auf die Straße.
Tschuldigung. Es kam so über mich. Wie wirst Du den Wahlkampf in NRW unterstützen?
Ich arbeite ja noch in Berlin und wichtig ist, dass auch bei Sahra alles gut funktioniert. Ich versuche daher in der frühen Wahlkampfphase meinen Job so zu organisieren, dass ich in meiner freien Zeit am Stück NRW bin, um viele Termine zu machen. Auch Pressearbeit. Nach Ostern ist dann NRW-Marathon angesagt. Mir hat Wahlkampf immer großen Spaß gemacht: Man muss dass aber so machen, dass man noch frisch und angriffslustig ist und nicht abklappt. Eurer Team in NRW bestimmt das, ich bin nur der Kellner. Aber wichtig ist mir, dass auch der Kommunalwahlkampf davon etwas hat.
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- 16.02.2014