EU-Steuerpaket: Teure Wartezeit

Eine Pressemitteilung von Fabio De Masi

17.06.2015
Fabio De Masi
Frankfurt am Main, Hessen, 01.12.2011

"Die Vorschläge der EU Kommission sind unzureichend. Statt den öffentlichen Druck durch LuxLeaks zu nutzen, kauft sie Zeit. Das ist verdammt teuer für Europas Steuerzahler angesichts von jährlichen Verlusten von über 1 Billion Euro durch Steuerhinterziehung und -vermeidung", kommentiert der Europaabgeordnete Fabio De Masi (DIE LINKE) das von EU-Kommissar Pierre Moscovici heute in Brüssel veröffentlichte Aktionspaket zur Unternehmensbesteuerung. Der Schattenberichterstatter der Linksfraktion GUE/NGL im Sonderausschuss zu Steuervorbescheiden (TAXE) weiter:

"Der Rat der Finanzminister hat seit 2011 keinen Fortschritt zum Vorschlag der Kommission über eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage (GKKB) erzielt. Die Konsolidierung ist maßgeblich, um die Konzerne auf Grundlage ihres gesamten Gewinns zu besteuern – unabhängig davon wo sie Briefkästen und Tochterfirmen unterhalten.

Steuerkommissar Pierre Moscovici will nun eine Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage - vorerst ohne Konsolidierung. Dies könnte den Steuerwettbewerb sogar anheizen, weil Steuersätze über Landesgrenzen vergleichbarer werden und Mindeststeuern nicht vorgesehen sind. Gesetzesvorschläge sollen zudem überhaupt erst innerhalb von 1,5 Jahren gemacht werden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Widerstand gegen eine Konsolidierung in 18 Monaten geringer sein soll, zumal dann der öffentliche Druck fehlt. Die EU-weite Konsolidierung soll außerdem mit Möglichkeiten zur grenzüberschreitenden Verlustverrechnung verknüpft werden.

Die Architekten der Steueroasen Luxemburg und Niederlande – Jean-Claude Juncker und Jeroen Dijsselbloem – sitzen fest im Sattel als Chefs der EU-Kommission und der Eurogruppe. Die Aufdecker von Luxleaks – Whistleblower und Journalisten – stehen hingegen vor Gericht. Statt sie zu schützen, schränkt die Kommission Möglichkeiten zur Aufklärung der Öffentlichkeit über die Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen weiter ein.

Die EU Kommission hat auch keinen Gesetzentwurf für veröffentlichungspflichtige länderspezifische Berichterstattungspflichten für alle multinationalen Unternehmen (country-by-country reporting, CBCR) vorgelegt. Stattdessen gibt es eine öffentliche Befragung und weitere Folgeabschätzungen. Dabei liegen hinreichende, positive Erfahrungen mit CBCR im Bankensektor vor. Zudem haben selbst Vertreter der 'big four' wie PricewaterhouseCoopers keine Einwände gegen ein öffentliches CBCR vorgebracht.

Die vorgeschlagene europäische Liste von Steueroasen umfasst keine Mitgliedsstaaten der EU. Auch muss ein Territorium von mindestens zehn Mitgliedsstaaten auf eine schwarze Liste gesetzt werden, um bei der Kommission als Steueroase zu gelten. Viele Mitgliedsstaaten haben solche Liste aber überhaupt gar nicht."

Der deutsch-italienische Wirtschaftspolitiker abschließend: "Die GKKB Reform wirkt nur in Kombination mit einer Konsolidierung, einer hinreichend breiten Bemessungsgrundlage sowie Mindeststeuern. Letztere erfordern neue EU-Verträge. Kurzfristig braucht es dringend mehr Transparenz durch die Veröffentlichung von Steuerbescheiden sowie ein öffentlich zugängliches CBCR. Zur Aufdeckung von Steuerbetrug bei Großkonzernen muss der gesetzliche Schutz von Whistleblowern gestärkt werden. Auf Ebene der Mitgliedsstaaten sind Doppelbesteuerungsabkommen mit unkooperativen Steueroasen zu kündigen und Gewinne an der Quelle mit bis zu 50 Prozent zu besteuern. Banken, die wiederholt Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, ist die Lizenz zu entziehen. Patent- und Lizenzgebühren sowie Zinsen, die im Empfängerstaat nicht mindestens mit 25 Prozent besteuert werden, sollten steuerlich nicht mehr abzugsfähig sein. Die Austrocknung des öffentlichen Dienstes im Bereich der Steuerfahndung ist zu beenden. Wer etwa Griechenland zur Verbesserung des Steuervollzugs auffordert, aber dem Finanzminister Yanis Varoufakis nur 100 Steuerfahnder gönnt heuchelt Steuergerechtigkeit."